Nachdem Hinweis auf Shirin Neshats Bilder, möchte ich auf Grund eines Kommentares dennoch etwas schreiben.
Die Künstlerin versucht keineswegs die Verschleierte Frau als Opfer darzustellen. Blickt man in die Augen der Protagonistinnen, so entdeckt man Stärke, Leidenschaft und Selbstbewusstsein wie in ‚Peaceful Paradise‘ (siehe Bild). Klar, dass sie Kritisch mit der Rolle der Frau (in Iran) umgeht, aber sie tischt hier nicht die alte Mann-Frau Laier auf. Ihre Arbeit ist vielmehr eine Provokation gegenüber dem Regime; „Die persische Kultur basiert auf ganz anderen Werten als die muslimische … Sie ist weniger rigide, viel poetischer, viel literarischer, es ist eine sehr alte Tradition. Die neue Regierung brachte eine strenge, pure Form des Islam ins Land; sie haben versucht, die persische Geschichte auszuradieren und durch eine allgemeine, islamische Kultur zu ersetzen“.
Sie begibt sich in einem „bildlichen Diskurs zum Thema Feminismus und zeitgenössischer Islam, nicht als Expertin“ aber als „leidenschaftliche Forscherin“.
Viele der Bilder, die auf der arte Seite zu sehen sind, sind Standbilder aus ihren Filmen. Von der persischen Literatur inspiriert und besonders von Sharnoush Parsipour welche die Novelle ‚Women without Men‘ zu ihrem gleichnamigen Film lieferte.
Zum Thema Kopftuch: Ich möchte klarstellen – auch wenn es einige bayrische Spezis gibt, die anderer Meinung sind – hört auf Kopftuch tragende Frauen als Opfer an zu sehen. Es ist eine westlich arrogante Denkweise, so über dieses Thema zu Urteilen! Ich möchte an dieser Stelle auf die ungerechte Behandlung der so modernen, europäischen Frauen hinweisen, die im Durchschnitt weniger verdienen als Männer und bei weitem nicht die Gleichen Chancen bekommen wie diese.
Ich musste das noch los werden. Die Themen islamischer Feminismus, Orientalismus werde ich in naher Zukunft noch näher behandeln.
Zu Hijab, Mitleid, Arroganz, Feminsmus:
Ich persönlich sehe Hejab sehr wohl als ein (von vielen)Instrument zur Kleinhaltung bzw. Versuchter Unterdrückung von Frauen in der Gesellschaft.
Für mich fängt das an sobald eine Frau sich,im Vergleich zu ihren männlichen ‚Genossen‘,nicht als vollwertiges Mitglied(!)einer Gesellschaft frei-willig entfalten kann. Das sowohl geistig, ökonomisch, körperlich und sexuel…
ijab ist nicht einfach nur ein Stück Stoff, dass frau kontextfrei und ohne ‚Mithilfe‘ gewählt hätte und wählt. Es sei denn es aus praktischen Gründen ist windig oder gerade modisch ;)!
Man müsste vielleicht Psychologen befragen: Was motiviert Menschen die Körper, Haare, Gesicht eines bestimmten Teils ihrer Gesellschaft zu unsichtbar zu machen? Mit welcher Motivation wird dies als Gesetz manifestiert und gewaltsam durchgesetzt? Was wiederum bewegt Menschen dazu, dies trotz besseren historisch-religiösen Wissens als freiwillige Geschichte zu betrachten oder zu verteidigen? (siehe Totschlagargument).
Ich finde diese ‚europäische Arroganz‘ und ‚kehrt doch erst vor der eigenen Haustür‘ Argumente sehr schwierig:
Zum einen werden diese gern als unreflektierte Totschlagargumente gegen jegliche feministische Kritik von außehalb Iran (in diesem Fall)benutzt.
Natürlich ist es schwierig in der Sch… zu festzustecken und sich auch noch von Außen und der Ferne analysieren und kritisiern lassen zu müssen!
Da fällt es schwer Kritik als Anregung ansich heran zu lassen und eine Diskusion aug gleicher Augenhöhe führen zu können. In solchen Situationen neigen Menschen gerne dazu zurückzulenken und den Spiegel vor zu halten(Selber!)
Zu anderen verhalten sich europäischen Feministinnen (die es übrigens als Einheit gar nicht gibt)in ihrer Kritik nicht immer konstruktiv oder reflektiert genug. Und vergessen, dass auch sie gedanklich und politisch eine Lange Reifezeit hinter sich haben.
Zum andere gibt es durchaus europäische Feministinen, die absolut eurozentrisch (somit arrogant)und mitleidvoll auf Iranerinnen im Iran zu gehen. Sie haben wenig Ahnung von Iranischer Geschichte und Problemen und meinen ihre europäische Schablone könne als global und somit für Nahost, Orient, arabische Welt oder ähnlichem gelten (was auch immer das ist und mit Iran zu tun hat).
Über Zurückweisung wird sich dann bockig gewundert.
Ich ärgere mich schon lange darüber, dass damit keine wirkliche Offenheit, Diskutieren, Austauschen auf gleicher Augenhöhe möglich zu sein scheint!!!
Sorry, das Kommentar ist etwas ausgeufert!!!
Ich kann mich bei diesem Thema nicht zurückhalten.
Was denkt ihr darüber???
Alle da drausen!!!
Liebe Zoemoe,
ich möchte Dir als kopftuchtragende junge Frau zu den Motiven folgendes sagen.
Ich kann Dir als u.a. islamische Theologin lang und umfangreich darstellen, welche sozio-kulturelle und historische Gründe es hatte, dass Gott Koranverse zur Verdeckung der Frau herabgesandt hat.
Doch ich mache es kurz. Weshalb ist es für eine nicht-muslimische Frau so schwer zu begreifen, dass eine überzeugte Muslimin sich einer Vorstellung von Anstand und Bedeckung hingibt, die ihre göttlichen Ursprünge haben?
Mit Kopftuch allein ist die Sache nicht erledigt. Das maßvolle und nicht aufreizende Bekleiden ist viel bedeutsamer als ein Kopftuch. In der Postmoderne, in der auch jegliche öffentliche Bereiche zutiefst sexualisiert sind, reizen andere Körperstellen sicherlich mehr. Aber das ist eine andere Diskussion.
Das Kopftuch wird und sollte aus Überzeugung getragen (werden). Der Überzeugung, dass Gott es als Gebot aufgestellt hat. Und nicht mehr.
Welche Gründe dahinter stecken ist recht sekundär.
Zu dem Punkt, dass das Kopftuch eine „Kleinhaltung“ der Frau für Dich assoziiert, ist Dein Problem Deiner Vorstellung, Prägung und Fremdwahrnehmung.
Sind auch Nonnen sind vollwertiges Mitglied (!) dieser Gesellschaft?
Ich lebe in dieser Gesellschaft, habe studiert, promoviere zurzeit,
bin in all den Jahren ehrenamtlich in den verschiedensten Sektoren tätig gewesen. Dass die Menschen, die mir jedesmal begegneten, zu mir sagten
„Sie sind aber eine Ausnahme“, ist alter Schnee von gestern für all diejenigen,
die ihre Augen davor schließen, dass eine breite Masse an Musliminnen bewusst das Kopftuch tragen und somit lange nicht mehr eine Ausnahme darstellen.
Ok?
Herzlichst!
Liebe Calikusu,
ich würde zu gerne verstehen warum Gott überhapt „maßvolle und nicht aufreizende Bekleiden“ für wünschenswert hällt. Als unfehlbarer Gebieter über seine Schöpflinge hätte das „Problem“ im Vorhinein viel effektiver gelöst werden können ;)! Da hätte man/frau sich viel ärger ersparen können.
Aber Postmoderne hin oder her: wir kamen, kommen und werden als nackte Geschöpfe auf die Welt kommen, die durchaus sexuelle und neugierige Wesen sind. Und das dann auch mit und ohne jegliche Art der Bedeckung. Wenn durch das Bedecken nicht sogar das Gegenteil von dem erreicht wird, das bezweckt wurde. Warum verhüllen wir unsere Geschenke….;)! Neugierde und Lust! Damit die Frage nach dem Innhalt spannend wird… Warum wird Körperlichkeit und Sexualität als ein so großes Problem angesehen?
Und was unterscheidet den Mann von der Frau, dass ihm dieses Verdecken, zumindest des Haares, „erspart“ bleibt. Das ganze Problem ist kein religiöses, eine Frage der Bildung oder des Selbstbewußtseins, sondern ein tiefsteckendes soziohistorisches und psychologisches. Das verdammte Patrirchat hat hier wieder seine Finger im Spiel!
Meine Meinung gilt also ohne Zweifel auch für Nonnen und orthodoxe Jüdinnen.
Und a propos Insrment zur Kleinhaltung finde ich den Begriff Anstand, genauso wie Ehre, ziemlich schwierig und arbiträr.
Und jetzt ganz ohne Augenwinkern: Was hällst du vom „Islamischem Feminismus“? Kann es das überhaupt geben?
Vorab Sorry für mein verspätetes Antworten!
Es geht bei der Bekleidung nicht nur darum, Begierden erst gar nicht aufkommen zu lassen. Das hat Gott damit sicherlich nicht bezweckt. Sonst hätte Er, wie Du es andeutest, das Problem anders gelöst. Begehren ist ein Gefühl, das zum Menschen gehört. Gott –und das ist derselbe Gott der anderen semitischen Religionen- möchte, dass diese Gefühle richtig kanalisiert werden!
Sexualität ist durchaus kein Tabu- oder Problemthema im Islam. Ich denke, um das besser beurteilen zu können, müsstest Du schon einiges über das Leben des Propheten wissen. Denn dann würdest Du auf ein anderes Ergebnis kommen.
Ich vermute, dass Du Deine Einstellungen aus dem schöpfst, was wir mit Kultur bezeichnen und insbesondere liefert eine patriarchal konstruierte Kultur viel Stoff für derartige Einstellungen. Sexualität ist nur ein Thema, worüber Muslime nicht unbedingt in der Öffentlichkeit darüber sprechen würden, weil sie es als Intimsspähre betrachten. (http://www.dakik.de/News/gute-muslime-und-sex/)
Jede Art von Bekleidung oder Bedeckung ist eine Interpretation der jeweiligen Koranverse bzgl. der Bedeckung der Frauen. Innerislamisch gibt es sehr unterschiedliche Strömungen diesbezüglich. Es gibt islamische Gelehrte die diese Verse so auslegen, dass das Dekolte und der Hals bedeckt werden müssten und nicht der Kopf (um ein Beispiel zu nennen). ….
Wenn Du mit Musliminnen sprichst, die das Kopftuch bewusst tragen und nach ihren Motiven dazu hin befragst, wirst Du bemerken, dass der Begriff „Anstand“ ganz und gar nicht (in diesem Kontext) arbiträr ist!
Nicht kann, sondern einen islamischen Feminismus gibt es. Es werden viele Diskurse in dem Bereich geführt. Ob er nun muslimischer Feminismus heisst oder islamisch impliziert feine Unterschiede. Fakt ist leider, dass diese Feministinnen leider von „westlichen“ Akteurinnen als solche nicht anerkannt werden.
Anbei einige Links.
http://www.dakik.de/politik/reine-auslegungssache/
http://www.dakik.de/kultur/video-aktionsbuendnis-muslimischer-frauen-iz-tv/
Was ist eigentlich Deine Profession?
Liebe Grüsse
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