Ceschi – The One Man Band Broke Up – Kraftvolles Wechselspiel aus Rap & Folk

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Gestern war es dann soweit – nach der Single „Bad Jokes“, der EP „Same Old Love Song“ und dem ersten Album „They Hate San Franciso False“ schickt Ceschi nun seinen zweiten vollwertigen, 13Track starken Longplayer unter dem Titel „The One Man Band Broke Up“ ins Rennen. Die Besonderheit des Albums besteht nicht nur in der extrem eigenständigen Textperformance, die sich irgendwo zwischen den Polen einer dunklen Predigt, erregter Spoken Word Poetry, sublimem (Weird) Folk Gesang und ja – klassischem Rap ansiedelt, sondern auch in der thematischen Dichte des Albums – welches als Komplettkunstwerk und nicht als Singlesteinbruch verstanden werden will. Ein Konzeptalbum eben.

Sein eindrücklicher und intensiver Ausdruck wird sicherlich nicht alle begeistern, aber jemand, der offen genug ist diesen gewollten stilistischen Zwiespalt zu ertragen, wird reich belohnt werden. Die musikalische Reise ist ebenso komplex wie die konzeptuelle Grundlage der Lyrics und das musikalische Fundament dieser (mangels eines besseren, griffigeren Begriffs gewählt) Konzeptfolkhop-Platte sind die Instrumentals des Berliner DJ Scientist. Beide Künstler teilen eine gemeinsame Faszination für psychedelischem Progressiverock und den politisierten Folk der 70er, aber sie wertschätzen auch den straighteren Hip Hop der 90er Jahre.

Diese in den engstirnigen Szenenkreisen seltene Gemeinsamkeit stand am Anfang ihrer Zusammenarbeit. Das Ergebnis ist ein Album, welches spalten wird, aber sicherlich auch einige rapferne Hörer an die Ufer spülen wird. Ceschi ist ein äußerst spannender musikalischer Hybrid, der zwischen seiner folkigen Eigenmarke und leckerem Indierap oszilliert. Sein temporeicher Rapstil trägt meines Errachtens auch einen nicht unbedeutenden Anteil Punk in sich, was die oftmals radikal aufgesprengte Struktur der Songs erklärt. Die kraftvolle, überraschende und absolut eigenständige Wechselwirkung von präzisem, punktgenauen Rap und emotionsgeladenen, wütenden Stimmausbrüchen entwickelt im Verlauf des Albums eine Dynamik, zu der ich gegenwärtig keinen Vergleich finde.

Sein US-Label „Fake Four Inc.“ hat ihn mit folgender Formulierung sehr gut getroffen:
„[Ceschi ist einer jener] Prototypen einer neuen Generation von Songwritern, die die Dogmen ihrer musikalischen Backgrounds ignorieren“. Ich würde mir mehr Grenzgänger, Genreablehner, Regelübertreter, Szenenketzer wie dieses Duo wünschen, denn nur durch die Ablehnung des allzu schnellen Drachmen wird sich ein nachhaltiger, aktualisierter und offenherziger Stil entwickeln, der es uns allen erlaubt ohne Szenenspott zu Rap mit Ukulele zu stehen.

Kurz gesagt: Wichtiges Album voller blutspuckender lyrischer Offenherzigkeit und erschreckend mutiger Nacktheit mit einer erfreulich mittelfingerreckenden stilistischen Geradlinigkeit, welches, eigentlich nur mit einem Wort zu umschreiben ist – Hasardeurmanöver. Hut ab vor diesem Mumm & einen erhellenden Einblick in dieses verdammt ergreifende & mitreissende Zwischenreich aus Folk & Rap kann die erste Auskopplung „Bad Jokes“ bieten.


Bad Jokes

5 Kommentare

  1. GANZ GROSSES ALBUM!!
    aber woher hast du den die info, dass es das zweite album sei?
    was ist den mit fake flowers?

    du hast einen „Anteil Punk“ erkannt? er singt ja auch für die metal band dead by wednesday! nicht zu vergessen die unzähligen anderen projekte wie Knuck Feats (CRUNKMUSIK!!!), The Most, Toca, Deadpan Darling, Anonymous Inc….

    wenn man einen bericht über einen künstler schreibt, sollte man doch mehr wissen…

  2. Moin Peterchen,

    Ok, „Fake Flowers“ – ja Punkt für dich, ist zwar wie offiziell released worden, sondern nur ein Bootleg in Kanada, aber der Punkt geht an dich. Zweites offizielles Album – zufrieden :D.

    Ansonsten – warum so ruppig? Klar hätte ich auch auf Dead Pan Darling usw. eingehen können, aber warum, es geht um sein Solo und da machen die massigen Nebenprojekte – meines Erachtens – wenig Sinn.

    Rapper singt in einer Metalband & macht tolle atmospärische Musik mit ehemals in Wu-Diensten stehenden Producern … fürs aktuelle Album nicht wirklich wichtig, weil sehr eigen, sehr Ceschi, sehr solo halt. Ich empfand es als irreführend.

    Freut mich aber sehr, dass du so gut Bescheid weisst, muss aber nicht heissen – dass ich, wenn ich nicht davon schreibe nicht davon weiss.

    Die Rezi is eh schon elend lange & ausser dir macht sich sicherlich keiner die Mühe die komplett zu lesen. Wir sind uns aber in einem Punkt ohnehin völlig einig – tightes Album, das stetig wächst – oder?

    Gruss & Frieden!

  3. Hi, sollte auch nicht als Angriff verstanden werden…
    Ich denk nur, dann hättest du dich bei der review auf das album und dessen inhalt beschränken sollen!!
    aber wie gesagt, sollte nicht so schroff rüber kommen, wie es jetzt vielleicht war!!
    und immerhin lese ich den blog ja regelmäßig, so schlecht kann ich ihn also nicht finden! und ich glaube der text über Boohgaloo Zoo war auch von dir, oder? hat mich immerhin angeregt das mal zu hören und im endeffekt zu kaufen!
    also mach ma weiter so, aber vielleicht ab und zu was weglassen bzw. wenn man schon drauf eingeht, weiter ausführen!!
    gruß nach kreutzberg

  4. Moin Peterchen,

    habs nicht wirklich als schroff empfunden – keine Bange :D.

    Und deine Blumen nehme ich gerne an. Bleib mir treu & ich versuche mal derweil deine Tips umzusetzen.

    Und ja Boohgaloo Zoo war tatsächlich auch von mir – Bombenplatte! Also lohnender Kauf!

    Und Gruss zurück aus Neukölln – da war deine Recherche jetzt aber nücht sauber *ätsch!* :D.

    Man liest sich.

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