Wir haben lange überlegt, ob wir dieses Video der brutalen Festnahme am Görlitzer Park vergangenen Samstag auch bringen sollen. Ich denke, die meisten von euch kennen es schon, aber wir haben uns trotzdem dazu entschlossen es auch zu bloggen.
Der Grund dafür ist eigentlich selbstredend: Wir sind geschockt und der Meinung, solche Bilder einer offensichtlichen Ungerechtigkeit von Seiten der Polizei muss man einfach teilen.
Was mir persönlich leider fehlt ist das, was nicht im Video zu sehen ist: die Vorgeschichte. So wie es den Anschein macht gab es mit dem Menschen, der die komplette Brutalität der Beamten abbekommen hat, zuvor schon hitzige Diskussionen. Das wiederum war wohl auch der ausschlaggebende Grund der Polizisten die Personalien des Mannes zu fordern. Doch was dann geschah entzieht sich meiner Meinung nach jeglicher Rechtfertigung.
Was dem ganzen noch die Krone aussetzt ist die offizielle Presseerklärung der Berliner Polizei zum Vorfall. Ich bekomme das, was ich im Video sehe nicht mit dem zusammen, was die Polizei schreibt:
Bei Angriffen aus einer Gruppe von etwa 60 Personen heraus wurden gestern Nachmittag sechs Polizisten verletzt. Gegen 17.45 Uhr alarmierten Zeugen die Polizei zum Görlitzer Park, da zu diesem Zeitpunkt etwa 20 Personen in eine Schlägerei verwickelt waren.
Im Park eingetroffen, sahen die Beamten einen 25-jährigen verletzten Mann, der am Ohr stark blutete. Bei der nun folgenden Sachverhaltsklärung mischten sich zunächst mehrere Personen, die kurz zuvor an einer Demonstration von Neukölln nach Kreuzberg teilgenommen hatten, lautstark in die Ermittlungen der Beamten ein. Darüber hinaus stellte sich ein 22-jähriger Mann den Beamten in den Weg und störte sie bei der Sachverhaltsaufklärung.
Nachdem die Polizisten ihn vergeblich des Platzes verwiesen hatten und die Behinderungen anhielten, zog ein Beamter den Störenfried zur Seite, woraufhin sich eine Personengruppe von bis zu 60 Personen in das Geschehen einmischte und die Einsatzbeamten attackierte. Aus der Gruppe heraus wurden zwei Fahrräder gegen die Beamten geschleudert, wodurch ein Polizist eine Kopfverletzung erlitt, die später in einem Krankenhaus ambulant behandelt werden musste. Mit Unterstützung weiterer hinzugerufener Polizisten wurde die Personengruppe abgedrängt und zwei Männer im Alter von 32 und 46 Jahren sowie eine 33-jährige Frau festgenommen. Gegen sie wird wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter Gefangenenbefreiung und schweren Landfriedensbruchs ermittelt. Insgesamt sechs Beamte wurden bei den Angriffen verletzt.
Für mich stinkt das. Und zwar gewaltig.
Update: Am 7.7. hat die Berliner Polizei eine weitere Presseerklärung zum Geschehen veröffentlicht:
Nach der Veröffentlichung eines Videos im Internet, auf dem die Festnahme eines 22-jährigen Mannes am Görlitzer Park zu sehen ist, möchte die Polizei Berlin folgende Ergänzungen bekanntgeben:
Das veröffentlichte Video zeigt nur einen Ausschnitt der Ereignisse vom vergangenen Samstag, 5. Juli 2014. Vorausgegangen war ein Polizeieinsatz anlässlich einer Schlägerei am Görlitzer Park, bei der ein 25-jähriger Mann schwer am Ohr verletzt worden war. Die alarmierten Polizisten kümmerten sich zunächst um den Verletzten und alarmierten die Berliner Feuerwehr. In der weiteren Folge nahmen die Beamten die Personalien des jungen Mannes auf und versuchten nun, den Sachverhalt aufzuklären und die Täter der gefährlichen Körperverletzung zu ermitteln. Hierbei wurden die Polizisten hartnäckig gestört. Der in dem Video zu sehende Mann, ein 22-Jähriger, behinderte die Beamten mehrfach bei ihrer Arbeit und verhinderte, dass die Beteiligten der Schlägerei ermittelt werden. Der Abgebildete erhielt nun einen Platzverweis, dem er nicht nachkam, so dass er weggeführt werden musste. Nachdem sich der Einsatzbeamte nun dem mittlerweile im Rettungswagen sitzenden Verletzten zugewandt hatte, ging der 22-Jährige erneut auf die Beamten zu. Hier beginnt die Videoaufnahme.
Ein Polizist wollte die Personalien des jungen Mannes feststellen, um ihm dann einen so genannten qualifizierten Platzverweis auszusprechen. Hier widersetzte sich der auf dem Video zu sehende Mann und versuchte sich zu entfernen, so dass er von den Einsatzbeamten festgehalten werden musste und zu Boden gebracht wurde. Der Mann versuchte sich der Personalienfeststellung zu entziehen, indem er sich auf seine Arme legte und damit verhinderte, dass die Beamten ihn zur Identitätsfeststellung zu einem Polizeifahrzeug führen konnten.
Sowohl während der veröffentlichten Videosequenz als auch danach kam es zu gewalttätigen Angriffen gegen die Polizisten, die in dem Filmausschnitt nicht zu sehen sind und die Beamten vor so große Probleme stellten, dass weitere Polizisten zur Unterstützung verständigt werden mussten. Weiterhin ist in den Sequenzen nicht zu erkennen, dass ein 46-jähriger Mann und eine 23-jährige Frau versucht hatten, den 22-Jährigen zu befreien. Ein Polizist erlitt bei den Attacken eine Gehirnerschütterung und musste in einem Krankenhaus ambulant behandelt werden. Einem weiteren Beamten wurde in die Hand gebissen. Darüber hinaus setzte ein bislang Unbekannter Reizgas gegen die Beamten ein. Insgesamt sechs Einsatzbeamte wurden bei den Angriffen verletzt.
Update: Ein weiteres Video aus einer anderen Perspektive ist aufgetaucht.
Eine Einschätzung zum Vorfall und zum neuen Video findet ihr bei der taz.
Weitere Stimmen zum Thema bei Das Kraftfuttermischwerk & Spreeblick
„wodurch ein Polizist eine Kopfverletzung erlitt, die später in einem Krankenhaus ambulant behandelt werden musste“ … mit anderen Worten, er hat ein Pflaster bekommen und durfte gehen. „Leicht verletzt“/“verletzt“ und „ambulant behandelt“ sind juristisch gesehen Lappalien und werden nur erwähnt um das Geschehen dramatischer wirken zu lassen. 2 Polizisten trugen während der Demonstration Verletzungen davon kann z.B. bedeuten: Sie verbrühten in der Pause an zu heissem Kaffee.
„Wenn im Polizeibericht über einen Unfall für die Presse von einem „Schwerverletzten“ die Rede ist, kann es sein, dass das Opfer schon am nächsten Tag aus dem Krankenhaus entlassen wird. Schwer verletzt ist nach Definition der Polizei ein Mensch, der mindestens 24 Stunden im Krankenhaus verbleibt.“ Quelle:
http://www.business-on.de/weser-ems/mediziner-polizei-presse-definition-klassifizierung-verletzte-_id6601.html
Wenn mich die Polizei nach dem Ausweis fragt zeige ich ihn vor – ich hatte noch nie Probleme … mein Mitleid hält sich in Grenzen – siehe auch den Skandal um die besetzte Schule
Es gilt keine Mitführungspflicht des Personalausweises in Deutschland. Du wirst dann zur Feststellung der Identität mit zur Polizeiwache genommen, allerdings sollte dies ohne Anwendung exessiver Gewalt möglich sein. Und nur weil Du keine Probleme hattest, heißt das noch lange nicht, dass da nicht gravierende Probleme für andere Menschenbestehen. Deine doch sehr engstirnige Sichtweise wird vor allem bei den Leuten auf Unverständnis stoßen, die z.B. auf Grund Ihrer Hautfarbe regelmäßig, zum Teil von immer den gleichen Beamten, kontrolliert werden, das Stichwort lautet hier racial profiling.
Aus meiner Sicht besteht das Problem darin das der Typ sich wie ein Asi aufgeführt hat. Zum Thema „racial profiling“ – ich hab viele Kollegen / Freunde aus bestimmten Nationen (*1), die am meisten auf ihre „Landsleute“ sauer sind, die sich hier aufführen und nun mal die entsprechenden Statistiken anführen UND die sich darüber wundern, das wir die Typen nicht einfach rausschmeißen – es ist einfach ein statistischer Fakt, das eine blonde Kindergärtnerin am Nürnberger Hauptbahnhof eher keine Drogen im Rocksack hat, ein Bürger mit offensichtlichen Migrationshintergrund, der aus einem ICE aus Köln aussteigt eher schon. Das Problem ist, das wir die Kriminellen nicht einfach rauswerfen können, denn dann tauchen die auch nicht öfter in der Statistik auf und das Thema „racial profiling“ existiert nicht mehr – last but not least, ich bin schon in verschiedenen Ländern des Planeten mit der Staatsmacht in Berührung gewesen: in Deutschland ist das ein Kindergeburtstag, so man sich vernünftig verhält …
(*1) Libanon, Türkei, Syrien, Serbien, Südafrika (schwarz)
Welche Statistik sagt das denn bitte? Für Dein konstruierten Fall kann man genauso nahelegen, dass wir es mit einer Methsüchtigen Fränkin zu tun haben und der libanesische Student lediglich einen Verwandten besucht. Und genau da beginnt das Problem, wenn ich einfach Menschen auf Grund Ihrer Hautfarbe pauschal unter generalverdacht stelle. Und das Verhalten der Polizei in anderen Ländern ist hier übrigens völlig irrelevant.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article116130820/Jeder-vierte-Tatverdaechtige-ohne-deutschen-Pass.html
Aufgabe der Polizei ist es, Verbrechen und Gesetzverstöße zu verhindern. Dazu bedient sie sich auch statistischer Daten; Statistik und Daten sind natürlich immer Objekt der Interpretation – es ist allerdings Fakt und dazu hast Du nichts gesagt, das Bürger mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich oft unter den Tatverdächtigen sind. Das Dumme an Fakten ist, das man die nicht wegdiskutieren kann.
Wieso ist das Verhalten der Polizei in anderen Ländern irrelevant? Nun gut – was ich sagen möchte ist, das ich deutsche Polizisten als höflich, korrekt und überhaupt nicht bedrohlich wahrnehme, im Vergleich zum Verhalten der Polizei in anderen Ländern (z. Bsp. USA, Mittlerer Osten). Ich bin selber schon mal auf der Autobahn von einer Zivilstreife angehalten worden – mit Hand an Waffe usw. warum auch immer die mich rausgezogen haben, die waren sehr, sehr korrekt und höflich. Weiterhin in Deutschland wird man, auch als Ausländer von der Polizei ordentlich behandelt – sehe ich jeden Tag; wie gesagt Bahnfahrer.
Bitte korrigiere mich, aber reden wir hier von Tätern oder Tatverdächtigen? Ich habe ein Problem damit, wenn pauschalisiert Menschen mit Migrationshintergrund gezielt kontrolliert werden, weil sie eben einen Migrationshintergrund haben, also meist auf Grund ihrer Hautfarbe. In Norddeutschland werden ja auch nicht gezielt alle Fahrzeugführer mit Bayerischem oder NRW-Kennzeichen zur Alkoholprobe angehalten, weil statistisch der Bierkonsum in diesen beiden Bundesländern am höchsten ist. Und das Verhalten von Polizisten in anderen Ländern ist für das hier angesprochene Thema nicht relevant, es geht hier um deutsche Polizisten. Und nur um das mal klarzustellen, der Fahrradwurf in dem Video geht für mich übrigens auch überhaupt nicht klar, da ist auch eine Grenze überschritten.
Wie krank muss man eigentlich sein, um hier von Gewalt der Polizei zu sprechen!! Das Video zeigt nur zu deutlich, wie sich ein wilder Mob zusammenrottet und den Rechtsstaat angreift. Der Titel „verdrehte Tatsachen“ trifft es also ziemlich gut.
Falls hier nicht David Lynch geschickt mit Plot und Story gespielt hat, also Szenen zeitlich durcheinandergewürfelt hat – in diesem Fall, ohne dass das durch Schnitte ersichtlich wird – greift doch erst der Rechtsstaat einen einzelnen Bürger an. Und dann bildet sich ein „Mob“.
Der „Mob“ verhält sich allerdings „wild“ und wirft ein Fahrrad, hast du Recht. Auch hier sieht man aber davor relativ lange Zeit den Rechtsstaat mit dem Knie auf dem Kopf des „Angreifers“ sitzen…zu dritt.
Ich seh das so: Jedes Mal wenn sich jemand dazu entscheidet Polizisit zu werden, stirbt ein weiteres Stück Menschlichkeit auf dieser Welt.
Sorry aber ich habe schon schlimmere Einsätze miterlebt und wenn sich jemand der Feststellung der Personalien wiedersetzt und dann nicht ruhig verhält und zuvor schon auffällig war ist das verhalten der Beamten zu verstehn. Ach so wegen den drei Polizisten… hat jemand schon mal versucht einen Erwachsen der etwas „aufgeregt“ ist festzuhalten? Und wegen den so klugen die die Polizei wegwünschen können ja mal objektiv nachdenken was wäre wenn… allerdings etwas älter mit Familie die man liebt und wohnt z.b. nähe Rotlicht/Drogenplatz (gibt´s ja dann sehr viele) !?
Verdrehte Tatsachen – Ja, dieser Titel beschreibt den Inhalt des gezeigten Videos kurz und präzise. Gut, dass die Polizei die genauen Umstände genannt hat:
1) Es fand eine Schlägerei zwischen mehreren Personen statt
2) Die Polizei wurde hinzugerufen und leistete gemeinsam mit der Feuerwehr den Opfern erste Hilfe
3) Durch die Polizei sollte der/die Täter namhaft gemacht werden
4) Der im Video vermeintlich „Unschuldige“ verhinderte dies erfolgreich, indem er zunächst permanent störend eingriff
5) Ein Platzverweis gegen den im Video als vermeintliches „Opfer von Polizeigewalt“ dargestellten wurde durch diesen ignoriert
… ein Teil der weiteren Entwicklung wird ja dann im Video gezeigt, wobei hier geflissentlich die Angriffe auf die Polizisten gut erkennbar ausgeblendet werden. Warum wohl?
Wenn ich Opfer der nun vermutlich erfolgreich entkommenen Schläger gewesen wäre, würde ich mich nun fragen, was bei den Menschen, die Helfer (Polizisten) angreifen, nicht in Ordnung ist. Warum solidarisieren sich diese Menschen lieber mit Kriminellen, statt z.B. die Polizei oder eben auch zuvor schon Opfern von Straftaten zu helfen? Statt Polizisten anzugreifen, wäre es doch vielmehr angemessen gewesen, die Leute festzuhalten (und der Polizei zu übergeben), die mich zuvor zusammen geschlagen haben. Mir wäre es auch völlig wurscht, welche Hautfarbe jemand hat und in welchem Lande derjenige geboren ist, der mir zur Hilfe eilt. Ich glaube, die meisten moralischen Grundsätze dürften international sein und Angriffe auf Polizisten oder Behinderung von deren Tätigkeit gehören für mich irgendwie nicht zu einer guten moralischen Grundhaltung.
Im Übriggen kann ich dieses dumme Rassismusgequatsche auch nicht mehr hören. Aber mit einem so schön undefinierten Begriff kann man offenbar heute alles rechtfertigen.
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