Gestern schrieb ich über die „Aktionstruppe Zentrum für Politische Schönheit“, die gerade mit ihrer Aktion auf Flüchtlingstote vor den Europäischen Grenzen aufmerksam macht. Dafür stahlen sie einige der weißen Kreuze, die zum Gedenken der Mauertoten in Berlin aufgestellt wurden und brachten diese an die Grenzen der EU. Hier nachzulesen.
Christian machte mich auf Facebbok gerade auf diesen Audio-Kommentar eines B.Z.-Redakteurs auf dem B.Z.-Soundcloud-Accound aufmerksam. Er schrieb:
WHAT THE SUPER FUCK!?! Gerade entdeckt, die B.Z. hat einen völlig bizarren Soundclound Account mit einer Sammlung von Soundschnipseln von Bundeswehr Schießtraining und S-Bahn Quietschen und einem so jenseitigen Kommentar zu der Entführung der Gedenkkreuze der Mauertoten, dass ich es im ersten Moment für einen Satire Account gehalten hätte wäre er nicht unter einem Artikel auf der B.Z. Seite verlinkt gewesen.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von soundcloud zu laden.
Darin heißt es unter anderem:
„Darf man glücklich sein bei Flucht und Tod im Paradies Deutschland? […]
Darf man auf einer Gedenkfeier zum Mauerfall glücklich sein, wenn überall um uns herum Menschen sterben, an der neuen Mauer? […]
Ja man darf glücklich sein. Unsere Werte sind sich zu umarmen, menschlich zu sein, sich miteinander zu betrinken. All dies ist besser als ertrinken, kentern, dehydrieren.“
WHAT THE FUCK?
Das hört sich für mich stark danach an, als ob der Sprecher bei der Geburtstagsfeier seines Freundes mit „schönen Erst- und Zweitfrauen und sogar netten Kindern und Kinderwürstchen“, ordentlich einen intus hatte, als er diese Worte im ICE auf sein Aufnahmegerät sprach. Darf man eine solche gesprochene, gequirlte Scheiße eines B.Z.-Redakteurs als das bezeichnen, was es ist: einen Haufen stinkende Scheiße? JA MAN DARF!
PS: Habe ich irgend etwas übersehen? Soll das Satire sein? Von wem stammt dieser Kommentar? Oder ist das ein O-Ton vom Aktionskünstler um Aufmerksamkeit zu erwecken?
Letzteres schließe ich eigentlich aus, denke der OT wäre dann nicht auf dem BZ Account. Ist der überhaupt echt? Aber warum sollte die BZ einen gefakten Accout embedden. Fragen über Fragen…
Was für ein Arschloch muss man eigentlich sein, um dort einen Job zu bekommen? Weil ich bin schon ein ziemliches Arschloch, aber irgendwie scheine ich noch zu viel Respekt vor dem guten Leben zu haben. Es kränkt schon, dass diese Autoren wahrscheinlich mehr verdienen als ich armer Blogger 🙁
Ich finden diesen Audiokommentar erstaunlich gut. Leider scheint der Autor des Artikels der B.Z., den Kommentar der KG Unmenschlichkeit („Kampfgruppe Unmenschlichkeit“) nicht verstanden zu haben, und postet diesen stumpfsinnig und kommentarlos der Vollständigkeit halber.
Für mich ist es eindeutig und unmissverständlich sozialkritische Satire, die im Endeffekt darlegen möchte, dass das Überwinden der deutschen Mauer zwar zum Wohlstand innerhalb Deutschlands geführt hat, es jedoch eine neue, grausame Mauer gibt, hinter der dieser Wohlstand und damit auch die Menschlichkeit eingeschlossen wird. Man will mit dem Übel „Um uns herum“ nichts zu tun haben.
Diese Menschlichkeit befindet sich nun „auf der Insel des Glücks“ – „Um uns herum Flucht und Tod“. Es folgt, nach dem sehr kurzen Intro, der Inselbetrachtung, eine detailliert verstörende Beschreibung des absurden Wohlstand im „Paradies Deutschland“ – Technologie, Schönheit und Frieden, wohin man auch schaut, gelassenes Feiern, Überfluss, finanzielle und soziale Sicherheit im Staate, und damit, so wird suggeriert, für alle auf dieser Insel. Die detailltreue Beschreibung ist definitv bewusst gewählt worden, um zu provozieren. Zunächst wurde das Grausame („Flucht und Tod“) nur kurz angesprochen und anschließend übertrieben lange und über detailliert über vermeintlich Unwichtiges referiert. Dies reflekiert, wie die Wahrnehmung der einzelnen Menschen in diesem Land gewichtet ist.
Darf man nun glücklich sein im „Paradies Deutschland“?
Es werden nun die Kernwerte dieser Gesellschaft aufgezählt. Diese Kernwerte der Gesellschaft sind „Umarmen“, „Menschlich sein“ und „sich miteinander zu betrinken“. Diese Aufzählung suggeriert, dass Nächstenliebe, Menschlichkeit und Oberflächlichkeit (Meiner Meinung nach durch das Saufen dargestellt) auf einer Stufe stehen. Dadurch ist die Nächstenliebe und Menschlichkeit nur ähnlich oberflächlich auf dieser Insel zu betrachten, wie saufen, da es ja auch ähnlich leicht fällt, wie sich „miteinander zu betrinken“. „All dies ist besser als ertrinken, kentern, dehydrieren“ –> Also, lieber weg schauen und sich den einfachen Dingen im Leben widmen, weil diese ja „besser“ sind.
Der Kommentator schließt mit der Grußformel „Herzlichst KG Unmenschlichkeit“ und gibt sich schlussendlich eindeutig als Kommentar der „Kampfgruppe Unmenschlichkeit“ aus, um die es ja in dem B.Z. Artikel geht.
Schlussfazit: Diese oberflächliche Menschlichkeit in einem Land, in dem Überfluss an Allem herrscht, ist am Ende doch nur eine innenzentrierte, egoistische Unmenschlichkeit. Es ist Kritik an der vorgespielten Menschlichkeit, die, wenn es darauf ankommt, lieber weg guckt und sich wohlgefällig selbst beweihräuchert.
Vielleicht will sich die B.Z. ja im „Neuland Internet“ mal ein bisschen austoben. Da vergisst man schon mal Quellen anzugeben.
Kommentarfunktion ist geschlossen.