Komplexe Themen und Zusammenhänge begegnen uns jeden Tag. Die Aufgabe der Öffentlichkeit (die Presse) ist es, Themen zu strukturieren und uns Zusammenhänge darzustellen. Seien es Konflikte, Gossip oder wirtschaftliche Zusammenhänge. Während meiner Abi-Zeit hielten uns unsere Lehrer vor, wir sollten mehr Zeitung lesen, uns informieren um unser Allgemeinwissen zu bilden. Zugegeben ein Spaß war es nicht. Meine Interessen galten anderen Dingen und die Sprache in der Zeitung war für mich immer viel zu trocken und langweilig. Damals verfolgte ich die Harald Schmidt Show und Scheibenwischer (R.I.P. Dieter Hildebrandt) ganz eifrig und komischerweise reichte das, um eifrig an Diskussionen in der Klasse teilzunehmen.
Starke Komprimierung von Informationen kann zu Frust führen
Während die klassischen Nachrichten, also das lineare Erzählen von Geschehnissen im Fernsehnen und im Printbereich, es etwas schwer haben im Internet anzukommen – weil Twitter lesen im Fernsehen einfach mal nicht cool ist – schaffen es das NEO Magazin, Die Heute Show und Die Anstalt direkt einen Tag nach der Sendung im Social Web von sich Reden zu machen.
Warum ist das so? hab ich mich erst letzte Woche nach der letzten epischen Sendung von ‚Die Anstalt‘ gefragt.
Sicher liegt es auf der Hand, dass Satire einen größeren Unterhaltungsfaktor hat als trockene Nachrichten, die ’nur‘ informieren sollen. Dennoch ist das in meinen Augen nicht selbstverständlich, dass die Sendungen so fleißig geliket und gesharet werden.
Einstein soll mal gesagt haben „Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es nicht verstanden“. Hier liegt der Schlüssel zur Erzählkunst: Keep it simple. Wenn dann noch Humor mit ins Spiel kommt, so scheint eine Art entspannte Stimmung aufzukommen, in der Informationen besser aufgenommen werden können.
Verschwörungstheoretiker, Trolle und ja vielleicht auch Blogger machen den Journalisten das Leben schwer, gar von einer Vertrauenskrise in der Branche ist die Rede (hier und hier).
Verschwörungstheoretiker gehen davon aus, dass Politik und Medien unter einer Decke stecken. Der Überbringer von Nachrichten wird mit dem Inhalt in Verbindung gesetzt. Zumal die Bezeichnung Verschwörungstheorie der Sache nicht gerecht wird. Könnte es nicht das Verlangen nach einer Gegenöffentlichkeit, die nach einer anderen Sicht der gesamtpolitischen und gesellschaftsrelevanten Themen fordert, sein?
Menschen die Satire schauen haben ein höheres politisches Verständnis
In Sachen Forschung sind die Amerikaner etwas weiter. Zumindest wenn es um die Untersuchung von Humor geht. Dieses Jahr erschien die amerikanische Studie „Stephen Colbert’s Civics Lesson: How Colbert Super PAC Taught Viewers About Campaign Finance“ von Bruce W. Hardy und einigen weiteren Kollegen. Die Studie, die online veröffentlicht wurde, stellt „The Colbert Report“ – eine Satire-Show auf Comedy Central – gegenüber relevante Nachrichten-Kanäle wie CNN, Fox News und weitere Quellen politischer Information wie Zeitung Radio etc. auf. Das Ergebnis?
(Trommelwirbel) Diese Sendung leistet in Sachen politische Aufklärung im Sinne von Faktenvermittlung, einiges mehr als konventionelle Nachrichten. Die große Erkenntnis der Studie: Zuschauer, die während des vergangenen US-Präsidentschafts-Wahlkampfs die “The Colbert Report” sahen, waren besser über Kampagnen-Finanzierung und die Rolle von Geld im Wahlkampf informiert, als Zuschauer, die ihre Infos aus den Nachrichten im Fernsehen her hatten.
Konkret wurde die Anwendung von Humor als Erzähl- oder Lehrmethode getestet. Beispiel: Ein Lehrer sollte jeweils zwei verschiedenen Klassen einmal Inhalte auf trockene und Fakten basierende Art übermitteln und einmal etwas lockerer und auf humorvolle Weise. Ergebnis: Die Klasse, die mit Humor gelehrt wurde, konnte sich wesentlich mehr Stoff merken als die andere.
Eine weitere Studie der University of Delaware zeigt, dass das wichtige aber dennoch trockene Thema Netzneutralität von John Oliver in seiner Show „Last Week Tonight“ auf humoristische Weise viele Zuschauer erreicht und informiert hat.

Fazit
Dass Gundula Gause nicht ihren Text im Clownskostüm aufsagen wird ist klar. Aber seien wir ehrlich, welche Momente der Tagesschau oder der Heute Sendung haben wir uns am besten gemerkt? Sicher die, in der nicht alles glatt und perfekt verlaufen ist. Ich erinnere mich an das Interview zwischen Marietta Slomka und Sigmar Gabriel. Ich kann mich noch gut erinnern, wie dieser kleine verbale Fight und das kurze Austreten aus der ‚Form‘ für aufsehen und Unterhaltung gesorgt hat.
Meine These ist, dass Humor eine Kommunikation auf gleiche Augenhöhe fördert. Der Anspruch auf ein sauberes und unantastbares Image als Nachrichtenvermittler (TV-Nachrichtensendung, einzelne Journalisten) birgt die Gefahr, dass eben jene Trolle und Aluhut-Träger nur erpicht darauf sind, dass diese angelegte künstliche Fassade eine undichte Stelle aufweist, auf die dann so lange rumgehackt wird, bis sie bröckelt. Welche Nachrichtensendungen bleiben den Zuschauern besser im Gedächtnis? Ich sage, dass es die sind, in der ein Sprecher oder eine Sprecherin sich verhaspelt oder einen Lachanfall bekommt. Wenn die Fassade mal nicht so Perfekt ist. Wissen vermitteln mit Humor. Das sollte nicht nur in den Nachrichten eingeführt werden!
Hallo Niloufar,
danke für diesen schön geschriebenen Artikel, dem ich größtenteils zustimme.
Um Satire wirklich witzig finden zu können, muss man sie verstehen. Das bedeutet zum einen, dass man die Sprache beherrscht und zum anderen, man weiß, worüber sich gerade aufgeregt und gelacht wird. Dafür ist ein höheres politisches Verständnis nötig, ganz klar. Ob diese allerdings vom Schauen von Satire kommt oder eben nur Leute mit einer höheren politischen Bildung Satire überhaupt erst schauen, das ist die Frage.
Aber ja, Satire informiert ganz klar. Als ich noch in die Schule gegangen bin, war ich ein großer Fan von South Park, deren Folgen ja überaus absurd sind, aber auch immer eine gehörige Portion Gesellschafts- und Regierungskritik mit sich bringen.
Um auch mal die Gegenposition einzunehmen: Die Gefahr, wenn sich Leute nur noch über Satireformate informieren, ist, dass sie eine Art Whatever-Haltung einnehmen. Alles Schreckliche und Korrupte in dieser Welt wird nur noch als Absurdität angenommen. Das Ergebnis wäre chronischer Zynismus statt Aktionismus. Kann man ja eh nicht ändern, die da oben.
LG
Jonas
[…] Humor vermittelt Informationen besser. Man hört lieber zu, weil es Spaß macht, und muss das Gehirn arbeiten lassen, um die Pointen zu verstehen. Nach fast 2 Jahrzenten, in denen ich auch die Aufgabe hatte, Menschen IT beizubringen, bestätige ich das. Die Kurse, bei denen man was zu lachen hatte, waren die, bei denen die Teilnehmer das meiste gelernt haben. […]
[…] WIR SIND DAS VOLK! Islamisten, Moslems, Asylanten, westlich-ferngesteuerte Medien, Russen, Nazis. Egal ob für, gegen oder miteinander, da sind ganz schön viele Knallerbsen unterwegs. Da hilft nur Satire: […]
[…] hat Jon Stewart – gewohnt genial – reagiert: mit dem obigen Video. Und wieder informiert Satire weitaus besser, als die „echten“ […]
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