Meine Mutter ist das Paradebeispiel einer emanzpierten Frau: berufstätig, unabhängig, engagiert und ein bisschen vorlaut. Also, gell, das gilt für meine Mutter, nicht für alle, aber vielleicht für viele Frauen, die sich selbst als emanzipiert bezeichnen. Einer der Sätze, den meine Schwester und ich oft gehört haben: „Macht euch bloß nicht von einem Mann abhängig, weder finanziell noch sonstwie.“
Ich denke, diesem Anspruch konnten wir bisher auch gerecht werden.
Sind wir deswegen emanzipiert? Müssen wir das heute überhaupt noch sein?
Eine Frage, die sich mir häufiger stellt, nachdem ich in der Vergangenheit in Spanien (aufgrund meiner persönlichen Umstände) ein ganz besonderes Phänomen beobachtet habe, das ich „Umgekehrte Emanzipationsparanoia“ nenne.
Und zwar läuft das folgendermaßen ab (und ich habe das über mehrere Jahre aus nächster Nähe, anhand von mehreren Beispielen im engen Freundeskreis beobachten können): das potenzielle Paar lernt sich Mitte zwanzig kennen, verliebt sich, verbringt ein paar Jahre im noviazgo (streng genommen bedeutet das „Verlobung“, beschreibt aber auch den Zustand der festen, nicht-ehelichen Beziehung), dann wird eine Hypothek aufgenommen, eine Wohnung gekauft (ist in Spanien üblicher als mieten), geheiratet, dann kommen die Kinder.
„Was’n daran so seltsam?“ wird sich der aufmerksame Lazer jetzt vielleicht fragen, aber Obacht! Ich war ja noch gar nicht fertig mit meinen Ausführungen.
Es ist so, dass vor allem die Frauen (Achtung: natürlich nicht alle, aber doch, ziemlich viele!) eine etwas beängstigende Metamorphose durchmachen, kaum dass der Ehering ihren Finger schmückt (ein Ring, Euch zu knechten): eben noch das entspannte Partytier, das sich gern mal alkoholisiert daneben benimmt, mutiert sie zu dem berüchtigten Hausdrachen, von dem wir alle schon mal gehört haben.
Auf einmal sieht sie nicht mehr, dass ihr Göttergatte täglich arbeiten geht, sie beschwert sich darüber, dass er so spät nach Hause kommt (dass das oft an den Überstunden liegt, die er schiebt und im besten Fall als finanziellen Ausgleich nach Hause trägt, sieht sie nicht) und meckert rum, kaum dass der Gute die heimische Stube betritt. Feierabend? Fehlanzeige.
Ich sage nicht, dass Kindererziehung und Haushalt leichte Arbeit ist, im Gegenteil, es ist absolute Schwerstarbeit und ich ziehe respektvoll meinen Hut vor allen Eltern, insbesondere, wenn sie alleinerziehend sind, aber den Ladies meines ehemaligen spanischen Freundeskreises hätte ich gern mal den Kopf gewaschen. Denn sie taten immer so, als hätten sie sich da schlimme Partylöwen und Puffgänger angelacht, dabei waren die alle treu wie Gold und fühlten sich ihrer Familie stets verpflichtet! Ohne Witz! Die haben noch nicht mal „unter sich“ gelästert oder gemeckert. Die sind arbeiten gegangen und haben dann zu Hause trotzdem noch mit angepackt, wurden aber dafür angeschissen ohne Ende.
Irgendwann bin ich – glaube ich – auf den Grund für diese Metamorphose gestoßen: Die Mädels haben Schiss.
Genau wie einige Männer auch heute noch Probleme mit unabhängigen Frauen haben, so haben Frauen mittlerweile gerafft, dass es ein Mann auch allein schaffen kann – Männer wechseln heutzutage Windeln, machen Fläschchen warm, füttern ihre Kinder, bringen sie in die Krippe und können eigentlich im Hinblick auf Kindererziehung alles außer stillen. Und da geht vielen Frauen vielleicht der Arsch auf Grundeis. „Der braucht mich ja eigentlich gar nicht, na, dann mach ich ihm halt das Leben schwer!“
Auf den Trichter, dass der Typ nicht mit ihr zusammen ist, weil er muss (bzw. sie braucht), sondern vielleicht einfach, weil er Bock auf sie hat, kommen sie im Umkehrschluss nicht. Für sie ist die Unabhängigkeit des anderen eine Bedrohung.
Ich bin bis heute überzeugt, dass das so ist, weil ich es oft genug erlebt habe (auch am eigenen Leib in umgekehrter Form), und ich glaube auch, dass Männer es deswegen damals (als das losging mit der Emanzipationsbewegung) nicht zulassen wollten und auch heute noch teils Probleme damit haben: die haben Schiss, dass die Olle ihnen abhaut, weil sie ihn ja eigentlich gar nicht braucht.
Emanzipation brauchen wir im Grunde nicht. Gleichstellung, Gleichberechtigung schon. Daran hapert’s jedoch noch etwas, wie man in diesem Artikel unschwer herauslesen kann.
Was wir eben noch lernen müssen ist, einander anzunehmen, wie wir sind. Männer sind keine Frauen und werden es nie sein, wir sind eben unterschiedlich talentiert und das hat alles schon seine Richtigkeit.
„Emanzipation brauchen wir im Grunde nicht. Gleichstellung, Gleichberechtigung schon.“
Wer ist wir? Doch, wir brauchen Emanzipation, denn Emanzipation geht weit über deine Begrifflichkeit hinaus.
[…] und ich glaube, das geht uns allen so, die wir niemals da reingekuckt haben, ganz egal, was wir von Emanzipation allgemein […]
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