Früher, da war bekanntlich nicht nur alles besser, sondern vieles auch einfacher. Ich, zum Beispiel, interessierte mich seit frühester Jugend für Musik. Zum ostzonalen Ritual Jugendweihe bekam ich einen Kassettenrecorder. BRG MK27, aus Bulgarien oder so. Nun konnte ich Musik aufnehmen. Radiomitschnitt im Tal der Ahnungslosen, ein Abenteuer für sich. Mit dem AIWA-Recorder meines Vaters baute ich später eigene Edits von zeitgemäßen Hits, ich meine mich an The Flirts mit “Passion” zu erinnern. Das blieb meinem schulischen Umfeld nicht verborgen und so wurde ich auserkoren die gelegentlichen Tanzabende der örtlichen POS zu beschallen. La Boum, die Fete. Drei Kassettenrecorder, einer davon nur zum Vorspulen. Regie 2000 als Mischpult. Osten!
Hier findest du alle Teile unserer Serie „FAQ – Wie als DJ-Einsteiger beginnen?„
Irgendwann kam die Wende (meine Großtante spruch vom Umsturz) und mit ihr der erste Plattenspieler vom Conrad, dann folgte ein Mixer von Gemini und noch letztlich ein Plattenspieler. Das Musikinteresse pegelte sich bei Funk und seinen Retrospielarten wie Acid Jazz ein. In einer Zeit, in der man einfach mal so einen “Club” aufmachen konnte und die Leute musikalisch ausgehungert waren, hatte man mit diesen Voraussetzungen den DJ-Job schon fast sicher. Geschichten von damals.
Heute ist das weit komplizierter. Nicht nur das Feld der potentiellen Mitbewerber ist, durch die ständige und fast kostenlose Verfügbarkeit von Musik, weit größer. Auch die technischen Möglichkeiten sind so preiswert wie vielfältig. Man sieht dieses, man hört jenes … endkrass … will ich auch. Doch wie anfangen? Eine Frage, die im Folgenden von ihrer technischen Seite aufgeklärt werden soll.

Das KLASSISCHE DJ-SETUP
Das KLASSISCHE DJ-SETUP bestand seit den glorreichen Tagen der Disco in den Siebzigern aus zwei Turntables, meist TECHNICS, und einem Mixer. Nach Rotarys in den Anfangszeiten (mit Drehreglern statt Fadern), waren das seit den Neunzigern meist Mischer von PIONEER. Irgendwie hatte sich der DJM500 durchgesetzt. Trotz kastrierter Vorhörmöglichkeit und blechigem Klang. Aufgelegt wurden logischerweise Schallplatten. Weniger LPs oder die kleinen Singles, sondern sogenannte “Twelve Inch”. Meint das 12 Zoll Format, mit durchschnittlich 3 Tracks. Original Version, dazu ein, zwei Remixe. Das war das Team: Turntable, Mixer, Vinyl.
Seinerzeit unumgänglich, ist dieses Besteck heute ein Fall für Traditionalisten. “Strictly Vinyl” wird zudem als Abgrenzung zum “Einheitsbrei” genutzt. Dieser Aspekt könnte sogar zutreffen, denn es ist davon auszugehen, dass sich der Vinyl-DJ tatsächlich mit musikalischem Inhalt beschäftigt. Soul-Singles oder obskure ungarische Electronica gibt es nicht für 99 Cent. Womit wir beim Geld sind: Die Anschaffungskosten für brauchbares Equipment liegen im vierstelligen Bereich, die laufenden Kosten sind ebenfalls nicht billig. Zudem sterben leider langsam die lokalen Plattenläden aus.
Die Laufwerke
So man mit diesem Setup einsteigen möchte, geht die Empfehlung zu direktangetriebenen Turntables. Die preiswerteren Plattenspieler mit Riemenantrieb eignen sich nicht für den DJ-Workflow. Geschwindigkeit anpassen ist schwierig, scratchen fast unmöglich. Wer eine Karriere als Club-DJ anpeilt, sollte im Auge behalten was in den Clubs steht. Meist TECHNICS 1200/1210 – noch immer, obwohl die seit einigen Jahren nicht mehr hergestellt werden. Verfügbare Restbestände werden zu kranken Preisen gehandelt. Ein guter Gebrauchter (im Idealfall generalüberholt) dürfte gegenwärtig bei etwa 300-400 Euro liegen. Zudem benötigt man noch ein System für die Tonabnahme, speziell für das Auflegen eines mit sphärische geschliffener Nadel. Verbreitet sind Headshellsysteme (z.B. SHURE M44, was gern von DJs genutzt wird, die scratchen) oder Concord-Systeme von ORTOFON. Um gute Klangausbeute zu erzielen, macht es durchaus Sinn etwas mehr zu investieren. Sagen wir ein ORTOFON DJ-S für 85 Euro.

Anstelle gebrauchter TECHNICS kann man natürlich auf neue Ware setzen. Die Preisspanne reicht von unter 300 Euro bis 700 Euro. Bei gehobenem Anspruch sind RELOOP RP7000, STANTON ST-150 oder PIONEER PLX-1000 einen Blick wert. Bei begrenztem Budget geht die Empfehlung zu SYNQs XTRM-1.

Der Mixer
Ein Plattenspieler allein macht kein DJ-Set und dazwischen fehlt noch das Mischpult. Im Club sind, wie erwähnt, meist Mixer von PIONEER anzutreffen, deren Klang umstritten ist. Die Ursache für den Ruf liegt bei früheren Versionen, aktuelle Geräte, wie den DJM 900 NEXUS betrifft das nicht wirklich.
Man sollte sich klar werden wieviel Kanäle man benötigt und welche Features wichtig sind. Für das Mischen von zwei Platten genügen zwei Kanäle, mit einfachem 3-Band Equalizer und Crossfader zum Überblenden. Wichtig ist der Cue-Mix, was bedeutet, dass man auch unter den Kopfhörern vormischen kann. Über diese Funktion verfügen einfache Zweikanalmixer oft nicht. Viele Mischpulte dieser Bauart zählen zu den “Battlemixern”. Zielgruppe sind Hip-Hop affine Scratch-DJs, Augenmerk liegt auf einem guten Crossfader. Was auf das glatte Terrain der Features führt. Während man relativ schnell die Entscheidung über 2,3, 4 oder 5 Kanäle fällt, gibt es hier einiges zu bedenken. Benötigt man Filter? Einen regelbaren Effektweg? Gleich Effekte an Bord? Einstellbare Faderkurven? Mikrofoneingänge? Ein eingebautes Audio-Interface? Viele Ausgangszonen? MIDI?

Wichtig ist der Klang und da sind, neben einigen weniger bekannten Firmen (z.B. DATEK) und dem Marktführer PIONEER, Mixer von ALLEN & HEATH, DENON oder RANE häufig anzutreffende Marken. Manchmal lohnt es sich auch auf Auslaufmodelle zu achten. So hat aktuell zum Beispiel der ECLER NUO4.0 ein unschlagbares Preis/Leistung/Soundverhältnis. Mit seinen 600 Euro liegt er unter der Faustformel meines Kumpels Floh “Pro Kanal und Feature 100 Euro“. Aktuelle Spitzenmodelle kosten demnach gern 1500 Euro und mehr.
Zusammengerechnet liegt man bei eine klassischen Setup also bei wenigstens 1500 Euro. Ein Betrag, der sich ohne weiteres verdoppeln läßt. Dafür hat man aber mehr als zwei riemengetriebene Plattenspieler und einen rauschenden Billigmixer. Man hat vor allem mehr Freude, mehr Ansporn und wenn es nicht klappt mit der Karriere, einen höheren Wiederverkaufwert.
Die Schallplatten
Bleibt noch ein Punkt: die laufenden Kosten. Plattenspieler leben eigentlich lange, Mixer ebenso. Zu wechseln sind im Normalfall nur Nadeln, ein Lämpchen oder mal ein Fader. Was ins Kontor schlägt sind die Tonträger. Und davon braucht man einige. Der Durchschnittpreis für eine 12? liegt im Moment um die 10 Euro. Schnäppchen gibt es auf Plattenbörsen oder auf dem Flohmarkt. Eventuell auch bei Ebay oder der Plattform Nummer 1: Discogs. Dort kann es bei gesuchten Schätzen aber massiv ins Geld gehen. Individuelle “Pressungen”, die eigentlich nicht gepresst, sondern geschnitten werden, nennt man Dubplates. Die sind mit 35 Euro nicht billig, aber eine Möglichkeit eigene Tracks, Edits oder Material, welches es nicht auf Vinyl gibt, ins Setup einzubinden. Fehlkäufe kann man vermeiden, wenn man weiß was man sucht. Das Netzt bietet da alle Möglichkeiten zur Vorinformation. Wie schon erwähnt “Beschäftige dich mit Musik“. Darum geht es, nur dann macht es überhaupt Sinn über zwei Turntables und einen Mixer nachzudenken. Ein wichtiger Merksatz, der trotz seiner Logik nicht immer beherzigt wird.
Weitere Setup-Möglichkeiten, wie Digitale Vinylsysteme, CD-Player, DJ- und Liveremix-Controller sowie notwendige Preripherie für Zuhause behandeln die nächsten Folgen dieser Serie.
Stay tuned .. und fragt, wenn es Fragen gibt.
Dieser Post erschien zuerst auf Salection.de. Ole schreibt dort seit vielen Jahren Artikel über DJism, von denen wir einige zu uns herüberziehen mussten, weil sie einfach super sind!
[…] In dieser Serie bisher erschienen: Teil 1 – Das klassische Vinyl-Setup […]
[…] erschienen Beiträge zu Schallplattenspieler und Mixer, zu CD-Playern und zu Digitalen Vinylsystemen. In der nächsten Folge geht es um die Peripherie wie […]
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Tolle Tipps!
Was den DJ controller angeht DDJ-RB Dj Controller für 249 Euro…
Alle anderen Controller (vorallem mit Ipad Dock und Anbindung) sind wesentlich teurer…600 Euro aufwärts bis zu Flagschiffen bis 4000 Euro…
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