Und wieder einmal kommt aus dem CDU-Umfeld die Forderung nach einer Deutsch-Quote fürs öffentlich rechtliche Radio. Der erste Preis für dümmlichen und undurchdachten Populismus geht heute an die Junge Union Mecklenburg Vorpommern.
Warum ich das so merkbefreit finde? Weil die Argumentation so geht: „2014 gab es nur noch 10% deutsche Musik in den Charts. 2013 waren es noch 13%, also lasst uns die Quote an deutscher Musik im Radio erhöhen.“ Es geht also nicht darum, dass das öffentlich rechtliche Radio die Vorlieben der Bevölkerung abbilden soll, sondern darum, diese Vorlieben zu ändern. Weil Frankreich hat die Quote schließlich auch. Und weil „In einem sprach- und kulturbewussten Land wie unserem sollte es im Grunde auch ohne gesetzlich festgelegte Quote gehen, denn Einsicht ist besser als Zwang. Ob mit gesetzlicher Quote oder mit freiwilliger Selbstverpflichtung: Die Junge Union Mecklenburg-Vorpommern will mehr deutsche Musik im Radio hören!“
Daher weht also der Wind, die Junge Union möchte das. Nun, würden das die Menschen im Land ebenfalls so sehen, wären evtl mehr als 10% aller Titel in den Charts deutsch.
Was ist überhaupt „Deutsche Musik“?
Was mir aber viel mehr stinkt: What the Heck soll das sein, „deutsche Musik“. Da die JU sich ganz explizit mehr deutschen Schlager wünscht meint sie wohl „deutschsprachige Musik“. Allerdings vermeidet sie es tunlichst, das in ihrer Pressemitteilung auch so zu formulieren. Denn dann würde evtl klar werden, wie doof die Forderung wirklich ist, denn es gibt massenweise Musik aus Deutschland mit englischen Texten. Und ebenso massenhaft wird in Deutschland Musik produziert, die gar keine Texte vorzuweisen hat. Wäre die nicht ebenso förderungswürdig? Und was ist mit Musik aus der Schweiz und aus Österreich? Wäre das „deutsche Musik? Und was ist zum Beispiel hiermit? Ist das „deutsche Musik“?
Die ARD sieht übrigens „keinen Handlungsbedarf“ und der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) ist irritiert: „Die privaten Radios spielen die Musik, die ihre Hörer hören wollen und schließen dabei keine Sprache aus“, sagte der Vorsitzende des VPRT-Fachbereichs Radio und Audiodienste, Klaus Schunk. Der Privatsender-Verband lehne „Eingriffe in die Programmfreiheit über Quoten oder sonstige Vorgaben“ daher ab. „Erfolg zu ‚quotieren‘, ist nicht die Aufgabe der Politik.“
Das wird jetzt wieder ein paar Monate halten, während derer irgendein anderer CDU-Hinterbänkler ebenso vorhersehbar wie erfolglos die Verschärfung des Gotteslästerungsparagrafen fordern wird. Dann geht das Spiel von vorne los. Weckt mich, wenn es soweit ist.
„Weil Frankreich hat die Quote schließlich auch.“ – Lerne Deutsch, Sprachproll!
@Volkmar Eichstädt: Da das Wohlbefinden unserer Leser uns sehr am Herzen liegt, hoffen wir, dass es dir jetzt besser geht. Soll ja manchmal recht erleichternd wirken, beherzt auf den Tisch zu kotzen.
Muss Marinelli hier zur Seite springen. So im Stil polemisch-indirekter Rede ist die Formulierung absolut OK!
Ganz kurz mal noch eben: Als ich vor Jahren in Frankreich im Urlaub war, hat mir das Radiohören dort schon deutlich mehr Spaß gemacht. Deutlich mehr als in Deutschland. Französischer Rap und R’n’B war dort schon vergleichsweise überrepreäsentiert…was geil ist. Andererseits haben die Verrückten halt auch einfach so legendär dämliche Hits wie „I’m real“ von Ja-Rule und J-Lo 1:1 ins Französische übersetzt. Das braucht dann wiederum keiner.
[…] angenehm klingende) Sprache ja bekanntermaßen ordentlich ab: Das französische Pendant zur Helene-Fischer-Quote im Radio gibt’s schon ewig, Computer heißen “Ordinateur” und Autos […]
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