Deutschland an einem Augusttag im Jahr 2015. Im braunen Hinterland Mecklenburg-Vorpommerns Jamel brennt ein antifaschistisches Heustadl, Claus Kleber bekommt ne Emotion, die NPD will ein Flüchtlingsheim besuchen und Nazis üben sich in agitatorischer Onanie.
Nazi-Ideologien, Fremdenhass und Rassismus haben in Deutschland zwar eine lange Kontinuität, doch was sich on- und offline derzeit an Menschenverachtung seinen Bann bricht ist in jüngerer Vergangenheit ziemlich einzigartig.
Ein Überblick.
Jamel
Krass genug, dass es Dörfer in Deutschland gibt, in der Nazis in der Überzahl sind. Was passieren würde, wenn der Rest des Landes irgendwann ähnlich ticken sollte, zeigt sich seit einiger Zeit in Jamel. Mit Brandanschlägen und Angriffen im privaten Wohnumfeld muss jeder rechnen, der sich dem braunen Mob in den Weg stellt. Birgit und Horst Lohmeyer aus Jamel stellen sich mit ihrem beeindruckenden Engagement quer, das schon mehrfach ausgezeichnet wurde. Sie halten den Arsch hin für eine Gesellschaft, die achselzuckend hinnimmt, dass Menschen abgefackelt werden sollen. Nicht auszudenken wäre der Aufruhr, sollte mal das Haus eines Nicht-Anti-Nazi Aktivisten oder Nicht-Flüchtlinges brennen. Und trotzdem: Liebe Birgit Lohmeyer, lieber Horst Lohmeyer, bitte seid weiterhin der Stachel im braunen Fleisch! Wer übrigens selbst ein Zeichen setzen will, kann am Forstrock-Festival in Jamel teilnehmen und sich tanzend gegen die braune Volksgemeinschaft in Jamel wehren.
Birgit Lohmeyer, Aktivistin gegen #Rechtsextremismus, sagt nach dem Brand ihrer Scheune in #Jamel (#MV):
https://t.co/Z9omCrruc0
— NDR Reporter (@NDRreporter) 13. August 2015
Selbstredend ist die Situation in Jamel seit Jahren bekannt, es ist also ein Anschlag mit Ansage.
#Mauerbau
Man könnte doch #Mauerbau und #Jamel miteinander verbinden… Nur so als Vorschlag. ?
— Flo. (@borussiafan1997) 13. August 2015
Claus Kleber
Meine Timeline ist seit Stunden gestopft voll mit einem Video, in dem ein Mann im Anzug, den Tränen nahe, eigentlich völlig selbstverständliche Worte über einen Busfahrer verliert. Dieser begrüßte eine Gruppe von Geflüchteten und deren Begleiter per Bordmikrofon mit netten Worten und schafft damit, womit sich das halbe Land abmüht: Einfach mal Hallo sagen. Schön, dass ihr da seid. Herzlich Willkommen. Guter Mann. Und dennoch ist die ganze Sache ziemlich creepy, wie Busfahrer Sven Latteyer dankenswerter Weise selbst bemerkte. Wie kann es sein, dass es so eine Selbstverständlichkeit in überregionale Medien schafft? Was sagt es über einen Nachrichtensprecher aus, wenn er zwischen IS-Terror und Flüchtlingstragödie fast eine Träne verdrückt, weil ihn die Geschichte des Hallo-sagenden Busfahrer so rührt. Über Claus Kleber selbst wahrscheinlich gar nicht so viel, über dieses Land eine ganze Menge.
Wie man auch an den darauffolgenden Twitter- und Facebookperlen ablesen kann.
#heimatlos
#nürnbergerprozesse
#protipp
ich würde gern wissen, wie lange #Kleber dafür vor dem Spiegel geübt hat.
Protipp: es gibt extra Seminare für so was
#Atlantikbrücke
— ???? ???? (@BarnB) 13. August 2015
#enkeltrick
NPD will Flüchtlingsheim besuchen
Und klagt das in Mecklenburg-Vorpommern gerade ein. Keine Pointe.
Unter falscher Flagge gegen die #Lügenpresse
Darauf muss man auch erstmal kommen: Ein Medium erfinden, sich eine emotional aufgeladene Geschichte um Geflüchtete ausdenken, Fotos zusammenklauen und dann das Ganze auf einschlägig rechtsextremen Plattformen teilen, um sich agitatorisch am Hass gegen Flüchtlinge und die „Systempresse“ aufzugeilen. Die agitatorische Wichsvorlage, die den ganzen Schmutz und Hass nach oben spült, sobald die richtigen Knöpfe gedrückt werden, wird fiktiven „Systemmedien“ wie dem Bergheimer Tagblatt oder spieglein.de untergeschoben und ist damit besonders eines: Eine Initialreizbefriedigung der besonders verkommenen Art.
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[…] war einer der hässlichsten Tage der letzten… Tage, wie Julian das in seinem Artikel so (un)schön zusammengefasst hat. Heute hetzen und brandstiften nicht mehr nur die Geister, es […]
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