Update: Zunächst einmal lieben Dank an Nils von House of Reggae, der in seinem untenstehenden Kommentar einiges an informativen Links bereithält, die ein bisschen Licht auf den gestern von mir – ziemlich impulsiv, zugegeben – geschriebenen Beitrag werfen. Hierfür lieben Dank, Nils! Wir freuen uns, wenn Leute wie Du – in diesem Fall Spezialisten der Reggae-Szene – genauer hinkucken und unsere Beiträge ergänzen. Gemeinsam wird’s was!
Matisyahu selbst hat sich zu dem Vorfall folgendermaßen geäußert:
„The festival organizers contacted me because they were getting pressure from the BDS movement. They wanted me to write a letter, or make a video, stating my positions on Zionism and the Israeli-Palestinian conflict to pacify the BDS people. I support peace and compassion for all people. My music speaks for itself, and I do not insert politics into my music. Music has the power to transcend the intellect, ideas, and politics, and it can unite people in the process. The festival kept insisting that I clarify my personal views; which felt like clear pressure to agree with the BDS political agenda. Honestly it was appalling and offensive, that as the one publicly Jewish-American artist scheduled for the festival they were trying to coerce me into political statements. Were any of the other artists scheduled to perform asked to make political statements in order to perform? No artist deserves to be put in such a situation simply to perform his or her art. Regardless of race, creed, country, cultural background, etc, my goal is to play music for all people. As musicians that is what we seek. – Blessed Love, Matis“
via
Trotzdem muss ich – zu meiner eigenen Ehrenrettung vielleicht – dazu sagen, dass Antisemitimus und Fremdenhass in Spanien traurigerweise extrem verbreitet sind, was total seltsam anmutet, da ja Franco noch gar nicht soooooooooo lange her ist. 40 Jahre, um genau zu sein.
Ich habe schon seit vielen Jahren beruflich immer wieder mit Spaniern zu tun (bleibt nicht aus als Dolmetscherin), und daher kann ich einfach nur wiedergeben, was mir bisher so passiert ist. Was die Leute da denken und wie sie reden, zeugt von einer extremen Mangelbildung (wofür sie natürlich nicht wirklich etwas können) und unglaublichem Desinteresse. Das ist so. Ich habe es mehrfach erlebt, erlebe es immer wieder, und lasse mich davon auch nicht abbringen. Eingebildet habe ich mir das nicht, soviel steht fest.
Also nochmal, danke Nils für Deine gratis Recherche 😉
Und hier der Original-Beitrag von gestern:
Spain is different!
… als Slogan der spanischen Tourismus-Branche in den Sechzigern erfunden, ist dieser Satz heute auch wieder wahr.
Denn: für kein anderes Land im eigentlich so zivilisierten Europa gibt es zahlreichere Gründe, sich fremdzuschämen.
Angefangen bei der lächerlichen und unverschämt-peinlichen Monarchie, die sich das Land im Grunde genommen finanziell gar nicht erlauben kann, bis hin zu nicht nachvollziehbaren, unfassbar reaktionären Gesetzesentwürfen (die wollten vor ein, zwei Jahren die Abtreibung in Spanien bis auf crasse Härtefälle wieder illegal machen, ganz ernsthaft).
Es hat den Anschein, als wäre Spanien (also, die Regierung) hinsichtlich der Palästina-Israel-Thematik tatsächich genauso uninformiert, wie es Gespräche, bzw. Erlebnisse mit einzelnen Individuen der spanischen Bevölkerung vermuten lassen.
Im spanischen Benicassim finden jeden Sommer mehrere Musikfestivals statt, unter anderem das gar nicht so unbekannte Reggae-Festival Rototom Sunsplash.
Dieses Jahr sollte Matisyahu dort auftreten, seines Zeichens US-amerikanischer chassidischer Reggae-Künstler. Neben Eprhyme einer der offenkundig gläubigen jüdisch-orthodoxen Künstler.
Ich sage „sollte“, denn er wurde vom Veranstalter wieder ausgeladen – weil er sich weigerte, eine politische Erklärung für einen Palästinenserstaat zu unterschreiben. Er war, nebenbei erwähnt, der einzige, der gebeten wurde, eine solche Erklärung zu unterschreiben. Weil er Jude ist.
Das muss man sich mal geben.
Was denen entgeht, und mich damals gepackt hat, ist unter anderem sein Hit von damals, King without a crown:
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Salut Lena,
die Blogrebellen prangern immer mal wieder die BILD für ihren Brandsatzjournalismus an – und dann schreibst du hier so einen halbfertigen Artikel. Ergänzend:
// Das Rototom hat laut eigenen Angaben eine lange Pro-Palästina-Tradition: http://us4.campaign-archive2.com/?u=208eee44bde3bf4f75f9cd29b&id=4ca8d57aa5&e=%5BUNIQID%5D (Da kann man sich natürlich fragen, warum sie das Risiko eingehen, einen jüdischen Künstler einzuladen).
// Es gibt da so ein paar Pro-Palästina-Aktivisten (Boycott, Divestment and Sanctions), die Druck gemacht haben. Auf ihrer Facebook-Seite haben sie ein bisschen mehr als 1.000 Fans und in den letzten Wochen so eine Art „Anti-Matisyahu“-Kampagne laufen. Sie berufen sich darauf, dass Matisyahu sich in einem früheren Interview mal palästinakritisch geäußert habe. Leider habe ich das Interview nicht gefunden. Wie aggressiv und vielleicht gewaltbereit die Aktivisten sind, kann ich nicht einschätzen.
// Die Rototom-Veranstalter wollten ein Statement von Matisyahu, weil es eine konkrete Kampagne gegen ihn gab und nicht, weil er der einzige Jude auf dem Festival ist. Das ist meiner Meinung nach so ähnlich wie die Homophobie-Debatte Anfang 2000, als konkrete Künstler sich per Unterschrift von ihren homophoben Äußerungen distanzieren sollten.
// Laut Zeitungsberichten sollen auch Künstler damit gedroht haben, ihre Auftritte abzusagen, wenn Matisyahu spielt. Leider gibt es keine Namen: http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/23099
// So, und dann stehst du als Veranstalter da mit deinem 8-tägigen Festival und überlegst, was du jetzt tust. Persönlich hätte ich lieben gesehen, dass sie Eier zeigen und den Matisyahu spielen lassen.
// Matisyahu hat inzwischen auch ein Statement veröffentlicht: https://www.facebook.com/matisyahu/posts/10153608853029189
// Die Rototom-Veranstalter kommentieren das so: https://www.facebook.com/rototomsunsplashofficial/photos/a.456619971742.248545.305413596742/10153362968211743/?type=1&theater
Hi Nils,
Danke für deine Ergänzungen. Der Artikel ist entsprechend aktualisiert.
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