Es gab Zeiten, da galt der Fuchsschwanz am Bonanzarad als heißer Scheiß. Da gab es bei der Ehrenrunde im Garagenhof (Kopf helmfrei!) Beifall aus dem Geäst des Baumes, auf den Kinder früher noch zu klettern pflegten. Heute lungert man wohl eher bräsig auf`m Bett und streamt. Straight outta Kinderzimmer. Younow, you know? Anders als die feschen „Ich bin Youtuber“ Styler (je mehr „du bist voll hübsch / süß“, umso mehr Zuschauer), richten die Protagonisten, um die es hier gehen soll, den Fokus nicht auf sich, sondern auf eine Matrix aus acht mal acht kleinen leuchtenden Buttons: das Launchpad.
So wie der Tonfa einst nicht Kampfwerkzeug, sondern Kurbel an einem Mühlstein war, hat auch das Launchpad eine eigentlich andere Verwendung. Nämlich als Controller (schlichter: Fernbedienung) für die Musiksoftware Ableton Live. Vierundsechzig Pads steuern Funktionen des Programms und geben farblich codiert Rückmeldung via Hintergrundbeleuchtung. Beispielhafter Ablauf: Triggert man ein Pad, startet in der Software ein Musikclip und das aktive Feld der Matrix leuchtet grün. Heißt man MADEON, triggert man viele Pads und kombiniert ein Mashup aus neununddreißig Songs. Was – wie im Fall von obigem „Pop Culture“ – zu 30 Millionen Aufrufen bei Youtube und zu gewisser Bekanntheit führen kann.
Views im Millionenbereich ernten auch sogenannte „Launchpad Cover“ oder „Launchpad Remixe“. Dabei steht nicht eine musikalische Kreation im Vordergrund, sondern eine Art Lichtshow. Erinnert schwer an Rummelgeschäfte auf der Kirmes oder den Dancefloor in Saturday Night Fever. Nur das statt Tony und Stephanie Finger tanzen. Gern zu Dubstep und EDM. Mit teilweise beachtlichen Skillz wird die Sofware so programmiert, dass die Hardware eine passende Blinkerei zum Soundtrack liefert. Das Ergebnis wird inklusive Choreografie der Finger aufgezeichnet und bei Youtube einer nicht unbeachtlichen Fangemeinde zum Beifall freigegeben.
Es gibt Angler, die essen keinen Fisch. Die angeln und werfen den Fang zurück in den Fluss. Es gibt Musiker, die proben vier Jahre mit einer Rockband und werden noch vorm ersten Auftritt Vater. Mein Onkel hat kleine Westernstädte aus Streichhölzern gebaut. Zeit investiert, Freude gefunden, von Mitmenschen scheel beäugt. Bleiben zwei Fragen: Wann kommt der Remix vom Remix? Also die Rückübersetzung der Lichtbefehle in Musik, die ursprüngliche Verwendung? Und warum hat Novation – der Hersteller des Launchpads – eigentlich noch kein spezielles Programm für die durchaus vorhandene Zielgruppe rausgebracht? Immerhin gibt es derzeit eine verbesserte Version des Gerätes. Bezeichnung: Launchpad Pro. Das hat neben anschlagdynamischen Pads und weiteren neuen Features vor allem eins: mehr Farben. Die wundersame Welt könnte somit noch bunter werden.