Was sind STEMS und was kann man damit machen?
Aber der Reihe nach. Bevor ich über meine Erfahrungen berichte, möchte ich nochmal einen kleinen Überblick über das Thema geben:
Alle Fakten zu den STEMS findet ihr in meinem euphorischen ersten Artikel darüber. Auch nach dem ich das neue Fileformat ausprobiert habe, bleibt alles, was ich dort spekuliert habe, gültig.
Welche Möglichkeiten in den STEMS stecken, kann man am besten in diesem unaufgeregtem und deswegen so informativen Videomitschnitt einer Fragerunde mit Chad Carrier von NI sehen. Dicke Bonuspunkte für die Vorführung mit einem Rocksong am Anfang des Videos.
Mit welchen Controllern kann man das Potential der STEMS ausreizen?
Das ist einer der vielen erfreulichen Aspekte der STEMS: Im Prinzip tut es jeder Midicontroller, der über 4 oder 8 Fader bzw Drehregler und ein paar Tasten verfügt. Natürlich sind die neuesten beiden Controller von Native Instruments, die Kontrol S8 bzw D2 prädestiniert für das neue Format. Sie verfügen über die entsprechenden Bedienelemente und natürlich über die Displays. Diese Displays sind derzeit die einzige Methode, die vier Wellenformen eines STEM-Files in ihrer vollen Pracht zu bewundern.
Traktor zeigt die Wellenformen nämlich derzeit (noch) nicht am Rechner an. Der Grund dafür: Die Waveformen werden in Traktor von der CPU anstelle der GPU gerendert und das würde zu viel Prozessorlast verursachen, wie den Kollegen von djtechtools mitgeteilt wurde. Eine Traktorversion, die die vierfachen Wellenformen auf dem Rechnerdisplay anzeigt, soll aber kommen.
Zwei Beispiele für die Steuerung der STEMS mit alternativen Controllern gibt es schon. Zum einen ist das NIs Kontrol F1. Das einzige Feature von D2 und S8, das damit nicht funktioniert, ist die Möglichkeit, den Effekt-Send für jedes Stem zu regeln. Man kann die Effekte nur -wie bei den Remix-Decks an-, oder abwählen. Dafür gibt es Stummschalter für jeden Stem-Kanal. Diese Möglichkeit bieten die dedizierten Stem-Controller nicht.
Um das Fehlen des Displays etwas auszugleichen, hat man bei der F1 zu einem ziemlich genialen Trick gegrifffen: Die LEDs der ansonsten funktionslosen Pads werden als Aussteuerungsinstrumente genutzt. Das ist natürlich weniger informativ wie Displays mit Wellenformen, aber ein ziemlich guter Workaround, der sich dank des Midi-Kommandos „Slot-Prefader-Level“ auch relativ leicht selbst auf Controller mit LED-Ketten mappen lässt.
Hier ein Video, das den Kontrol F1 mit Stems zeigt (bei Minute 1:40 geht es los)
Die umtriebigen Menschen bei DJTechTools haben einen MIDI-Fighter Twister als STEM-Controller gemappt, auch keine schlechte Idee. Im Video wird auch das Mappen der LEDs nochmal erklärt.
Wie funktioniert das Mastering der STEMS?
Eine Frage, die seit der ersten Vorstellung der STEMS immer wieder zu lesen war, ist die nach dem Mastering. Wenn es keine Stereospur mehr gibt, kann diese auch nicht mehr mittels Masterkompressor komprimiert werden, damit die Sounds „zusammengeklebt“ werden und mehr nach einer Einheit klingen. Die Lösung, die sich NI dafür überlegt hat, ist so simpel wie genial.
Zunächst sollte natürlich für einen Export in Form von STEMS möglichst viel Dynamikbearbeitung auf den einzelnen Spuren bzw den Gruppen, die zu STEMS werden liegen, das ist klar. Das STEM-Creator-Tool enthält einen einfachen Limiter sowie einen ebensolchen Kompressor, mit dem man die Summe der vier STEMS ein wenig bearbeiten kann. Es gibt auch eine Funktion, um schnell zwischen der ebenfalls im STEM-File enthaltenen
Stereo-Version hin- und herzuschalten, die man benutzen kann, um mit dem Kompressor den Klang des STEMS-Files möglichst nah an den des Stereomasters zu bringen. Wunder kann man hier nicht erwarten, aber je weniger die Stereosumme bearbeitet wurde, desto besser kann man den Klang der beiden Versionen angleichen. Chad Carrier hat das neulich bei der Native Session recht eindrucksvoll gezeigt.

Drückt man nach getaner Dynamikbearbeitung und Limitereinstellung im Stem Creator Tool auf „Export“, werden die eingestellten Werte von Kompressor und Limiter in die Metadaten geschrieben. Traktor verfügt seit der Version 2.9 pro Kanal über eine Instanz des identischen Limiters, liest die vorher eingestellten Werte aus den Metadaten und wendet sie an. Das ist eine -wie ich finde- sehr schlaue Lösung.
Wie gut sie in der Praxis funktioniert, wird die Zukunft zeigen.
Wann kommt das STEM-Creator-Tool?
Das Stem-Creator-Tool wird laut NI schon ab dem kommenden Montag auf der STEMS-Webseite zum kostenlosen Download bereit stehen.
Die Software ist Open Source, die DSP-Library für den Kompressor wird ebenfalls zur Verfügung stehen.
Ich schätze daher die Chance sehr groß ein, dass wir bald mit den ersten DAWs rechnen können, die eine „Export STEMS“-Funktion an Bord haben werden.
Es würde mich schwer wundern, wenn NIs Maschine diesen Button nicht schon sehr sehr bald bekäme.
Tragen STEMS zur weiteren „Zerstörung“ der Musik durch die DJs bei?
Das ist ein Vorwurf, den man in den Foren öfter lesen konnte. „Noch mehr schlechte Mashups“, „noch schlimmere Übergänge“ und natürlich „noch mehr nichtlizensierte Remixe“. Das stimmt natürlich auf der einen Seite, denn STEMS bieten einfach mehr Möglichkeiten, Musik zu manipulieren, einzelne Teile zu samplen usw. Aber all diese Möglichkeiten gibt es doch jetzt schon. UNER sagte dazu bei der Native Session etwas sehr intelligentes: „Die Leuten werden immer einen Weg finden, Sounds aus deinen Produktionen zu extrahieren und zu benutzen. Wenn sie es schon tun, dann wenigstens richtig. Mir ist es lieber, jemad sampled ein sauberes Vocal aus einer meiner Produktionen, als eines bei dem Hihats und Bassdrum weggefiltert wurden und das deswegen dünn und dumpf klingt.“
STEMS sind simple as fuck und ein feuchter DJ-Traum
Kommen wir nun zum meinem persönlichen Eindruck nach ein paar Tagen mit STEMS. Bei der Native Session beantworteten UNER und NGHT DRPS die Frage nach der „Eingewöhnungszeit“ sehr unterschiedlich. Ersterer musste als jemand, der schon seit Vinylzeiten auflegt, erst ein wenig umdenken, während NGHT DRPS sagte, die STEMS seien, dass, was er sich immer gewünscht hatte und die Umgewöhnung sei sehr schnell gegangen. Ich sehe das eher wie NGHT DRPS, würde aber noch einen draufsetzen: Von meiner Herangehensweise ans Mixen ändert sich mit STEMS genau gar nichts! Bei Übergängen ersetze ich die Spuren des alten Tracks sukkzessive durch die des nächsten. Der Unterschied ist einfach, dass das jetzt auch tatsächlich klappt, während ich es früher mit Filtern und EQs mehr schlecht als recht versucht habe. That’s it. Nicht mehr und nicht weniger. Ich habe in den letzten Wochen einige DJs Stems ausprobieren lassen und das Ergebnis war immer das selbe: Sie begriffen es innerhalb weniger Minuten. Weil STEMS exakt das ermöglichen, was jeder mixende DJ schon immer mittels EQ und Filtern versucht hat.
Genau diese Einfachheit, ist der stärkste Pluspunkt der STEMS. Ich kenne sehr viele DJs, mich eingeschlossen, die von den Remix-Decks begeistert waren, sie aber aber nie wirklich genutzt haben. Das liegt imho daran, dass man denken muss wie ein Produzent, um sie sinnvoll zu nutzen. Das kann und will ich aber nicht. Beim Auflegen mit Stems bleibt alles wie bisher. Die Tracks verhalten sich wie gewohnt, ich kann mit dem selben Controller -inklusive DVS- arbeiten, wie bisher. Cuepunkte und Loops exakt genauso nutzen, wie ich das immer getan habe. Die Freiheit, den Track in vier Spuren aufzuteilen, deren Lautstärken ich direkt manipulieren kann, kommt einfach als Sahnehäubchen oben drauf.
Werden STEMS ein Erfolg
Der Erfolg des Formats steht und fällt mit der Verfügbarkeit Musik in Form von STEMS. Die Labels, die bisher an Bord sind, decken in meinen Augen nicht bisher genug musikalische Bandbreite ab, um diesen Erfolg zu sichern. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.
Ich sehe das Format gerade im Hip Hop und dort gibt es das Problem, dass man es entweder mit sehr kleinen Underground-Labels oder eben mit Majors zu tun hat. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Major-Labels vor allem angstgetrieben sind und auch lieber Selbstmord aus Angst vor der Zukunft begehen, als etwas zu riskieren.
Für Musiker und Labels, die sich trauen, ihre Musik im neuen Format herauszugeben, bedeuten STEMS auch eine neue Einnahmequelle, denn sie lassen sich natürlich teurer verkaufen, als herkömmliche Files. Die Shops, die derzeit schon Stems verkaufen, also Beatport, Whatpeopleplay, Juno, Traxsource und Wasabet verlangen 2,99 € für einen Track.
Andererseits ist das Creator-Tool frei erhältlich und keiner kann im Moment sagen, welche Dynamik daraus entstehen wird.
Da sehr viele alte Hits wie zum Beispiel Stevie Wonders „Superstition“, Queens „Another one bites the Dust“ und unzählige andere jetzt schon als Multitracks im Internet herumliegen, bin ich mir zu hundert Prozent sicher, dass wir schon in den nächsten Wochen eine Teil des Kanons der tanzbaren Musik in Form von STEMS wiederfinden werden. Ich freue mich darauf und hoffe, dass daraus eine Welle von Wiederveröffentlichungen
von Klassikern aller Art im neuen Format entsteht, die das Deejaying enorm nach vorn bringen wird und noch mehr Labels davon überzeugt, Musik als Stems zu veröffentlichen.
Fazit
Das STEM-Format ist für mich ein Riesensprung vorwärts in der Entwicklung von DJ-Equipment. Es bringt genau die Möglichkeiten, die DJs seit es Mischpulte mit EQs und Filtern gibt, mit ebendiesen mehr schlecht als recht simulierten. Das offene Dateiformat sowie die als Open Source veröffentlichte Software zum Erstellen der Files dürften die Verbreitung noch weiter befeuern. Die Lernkurve mit dem neuen Format ist denkbar flach, da die Workflows und das gewohnte Equipment beibehalten werden können. Es kommen im Wesentlichen nur vier Lautstärkeregler dazu, die beim Mixen oftmals einfach die Channel-EQs ersetzen werden. Das ist meiner Erfahrung mit Kollegen nach vollkommen intuitiv und erfordert so gut wie keine Einarbeitungszeit.
Wir sehen auf jeden Fall interessanten Zeiten entgegen.
Jetzt habe ich noch mehr Bock drauf!
Wir als kleines Net-Label wollen auf jeden Fall STEMS veröffentlichen
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