Der Shitstorm, den ich mit Absicht rief #FragNestle

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Ob sich die Kommunikations- und PR-Abteilung des Hauses Nestlé darüber im Klaren war, dass ein offenes Q&A auf Twitter nach hinten losgehen kann? Ich sage: Ja! Und damit bin ich nicht allein; „Wer sich darüber lustig macht, hat keinen blassen Schimmer von der Kommunikationsbranche. Das war seit zwei Jahren von Nestlé überfällig“, so der als „Mr. Media“ bekannte Kommunikationsmanager Thomas Koch.

Es ist doch kompletter Bullshit und total arrogant zu glauben, dass nur die, die jetzt auf Twitter mit Shit um sich schmeißen, Ahnung haben. Wer so denkt, weiß nicht wie Krisen-PR funktioniert. Nesté ist sich seiner selbst bewusst.
Ich meine: HALLO??!!! Ein Riesenkonzern beauftragt mal nicht eben eine Furz-Mini-Agentur aus Berlin Mitte, die eben mal etwas mit Twitter und Facebook machen soll.
Auch wenn viele dies als ein ungewolltes Desaster sehen, bin ich fest davon überzeugt, dass sich hier einige (professionelle) Köpfe bewusst den kritischen Geistern stellen wollen.
Während wir uns alle über die fragwürdigen Aktionen der Firma erkundigen und uns überlegent glauben, geht Nesté mit dieser Kampagne bewusst einen Schritt auf die zu, die sie verurteilen. Sie haben viel Zeit damit verbracht diese kritischen Opinion Leader mit Marktforschung und Zielgruppenbefragung zu erforschen und zu verstehen.

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Sicher ist der Termin gar nicht so verkehrt gewählt, denn am Montag Abend sendete die ARD die Doku ‚Nestlé-Check‘. Hier erlebe ich ein Déjà-vu. Hatte doch auch die WWF auf Grund einer kritischen Doku sehr lange Zeit über Twitter und den sozialen Medien harte Krisen-PR geleistet, um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen. Mit dem Resultat: Sie sind jetzt Buddies der Netz-Szene und fehlen auf keiner re:publica.

Während Spott und Häme durch das Netz gehen, Blogger und Nahrichten-Seiten ein Storifying von den vorwurfsvollen Tweets und dem sogenannten Shitstorm erstellen, haben sich bisher die wenigsten Gedanken über die eigentliche Strategie gemacht.
Wir müssen alle miteinander reden und Fragen stellen, unangenehme Fragen. Fragen die sich durch Hörensagen in uns aufgestaut haben. Das ist die Chance uns ein breiteres Bild zu machen als Konsumenten und Bevölkerung.

Das ist kein Shitstorm, sondern ein Dialog, der nicht in Wattebausch gepackt wurde!

 

 

4 Kommentare

  1. Dialog? Naja, ich sehs anders. Der Konzern ist einfach ein verbranntes Kind, von daher nützt so eine Textbaustein-FAQ-Dialog Geschwurbel Aktion niemandem was. Den Nutzern nicht, weil die eh schon (zu Recht) eine schlechte Meinung haben und sich gerade deshalb an der Aktion abbarbeiten und dem Konzern nicht, da er diese Nutzer eh nicht davon überzeugen kann, doch nicht so evil zu sein. User-Mustermann wird sich wohl kaum an Fragnestle beteiligen, dem fehlt das Involvement. Also wen aufklären / informieren / beeinflussen / umstimmen? Das ist wie mit den Chemtrail-Leuten, denen kommt man auch nicht bei.

    Nicht zu vergessen die von außerhalb der Internetblase, sprich die Maggi-Muttis im Supermarkt kriegt man damit auch nicht. Und die sind die Mehrheit der Produktkäufer. Da wird sich vielleicht mal kurz aufgeregt beim reinzappen in die ARD. Nach vier Wochen liegen dann aber doch wieder die Maggi Tüten im Einkaufswagen.

    Das einzig positive: Nestlé versucht zumindest mal irgendwas.

    • Das sind viele Kommunikationsebenen, die du miteinander vermischst. Mustermann soll hier nicht angesprochen werden. Sie wollen bewusst die Twitter-Blase. Dessen sind sie sich bewusst. Und bekehren müssen sie niemanden. Sie wollen verstehen und durch die Erkenntnisse lenken sie da ein, wo sie ihre Schwachstellen haben.
      Der ein oder andere wird ihnen dann auf Twitter folgen, weil man ja gerade über das Thema spricht. Und das ist der Kern: Man spricht darüber und somit haben sie schon das geschafft was sie wollten. Sie haben Presse. Zunächst egal, ob positiv oder negativ.

    • die Kritik ist so bescheuert, das Nestle eigentlich sachlich dagegen halten sollte.
      Nestle pumpt eben nicht den Afrikaner das Wasser ab, um es nach Europa zu exportieren ( wer so was bescheuertes glaubt, spendet auch einen Eimer Wasser für ein Brunnenprojekt in Afrika ) sondern verkauft es auf den lokalen Markt.
      Und die Alternative zu dem Trinkwasser von Nestle ist eben nicht das Brunnenwasser das gerade mal gut ist für die Felder und zum Waschen (dafür wird wesentlich mehr abgepumpt als für die Trinkwassergewinnung ) sonder das abgefüllte Flaschenwasser der einheimischen Konkurrenz.
      Denn in vielen Ländern ist es dummerweise so das es gar keine ausreichende staatliche Wasserversorgung gibt. Wenn man die dafür verantwortlichen fragt sind sie übrigens auch gegen eine Privatisierung der Wasserversorgung.
      Zum Einen weil diese Regierungen stramme Antikapitalisten sind, zum Anderen weil der Chef der Wasserversorgung ein Vetter ist, der gut daran verdient.
      Ich bin allerdings dafür das Nestle sich aus dem Wasserverkauf in Entwicklungsländern zurück zieht. Das wird das Problem zwar nicht lösen, aber für gute PR sorgen – das ist doch wichtiger als sauberes Trinkwasser in Flaschen anzubieten.
      Das gute ist das dann die lokale Konkurrenz selber mehr Trinkwasser in Flaschen (oder aus dem Tankwagen) verkaufen kann. Und anders als Nestle müssen die sich nicht um ihren Ruf auf den globalen Markt kümmern, wenn’s also einen Skandal gibt weil man beim Aufarbeiten des Wassers gespart hat dann juckt die das wenig.

  2. […] Die Blogrebellen wirken da deutlich kreativer und spannender in der Aufbereitung. Und Patrick Breitenbach denkt bei Lead Digital ebenfalls mehr um die Ecke als Bento. Er schreibt: “Das Unternehmen hat seine Tür geöffnet und die eigene fabrizierte Scheiße in seinen Flur einlaufen lassen, obwohl sie diese Tür nicht hätten öffnen müssen. Und jetzt wird sich zeigen was sie aus dieser Situation machen: In der Jauche stehen bleiben oder daran arbeiten, dass dieser Mist in Zukunft nicht mehr vorkommt.” […]

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