Stereo Drei: Fizzle von SoulForce im Interview

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Ein Montagabend im Oktober. Das Stereo 33 in Berlin Friedrichshain öffnet gerade seine Türen als ich mit Walter die Bar betrete. Wir sind verabredet mit Fizzle, mit dem wir Online schon ganz oft zusammen gearbeitet haben. Persönlich kennengelernt hatten wir uns bis zu diesem Abend aber leider noch nicht. Was ich bis dato von ihm wusste war, dass er mit dem Label SoulForce zu tun hat, regelmäßig auflegt, coole Edits von Songs macht und dass „sein Sound“ Reggae und Dancehall ist.

Pünktlich zum verabredeten Zeitpunkt schlägt Fizzle dann auch in der Bar auf. Wir begrüßen uns herzlich, man kennt sich ja schließlich schon übers Netz, und auch die Chemie stimmt auf Anhieb. Alles andere hätte mich auch gewundert.


Wir haben ja schon sehr oft miteinander zu tun gehabt, aber selbst mir ist noch immer nicht ganz klar: wer ist Fizzle und was macht Fizzle eigentlich genau?

Fizzle bin ich und ich mache verschiedenste Sachen. Ich habe angefangen als DJ, der ich auch heute noch bin. DJ, Produzent, Remixer und inzwischen betreibe ich das Label SoulForce.

Du sagt, du betreibst inzwischen das Label SoulForce. Hast du es übernommen?

Nein, das Label war eine zeitlang geparkt, bzw. lag da bisher nicht so stark der Focus drauf wie jetzt. In den letzten 12 Monaten haben wir angefangen Künstler zu signen, um damit den Focus neu aufs Label zu richten und in der Zukunft mehr zu machen.

Welche Künstler habt ihr aktuell unter Vertrag?

Aktuell kümmern wir uns um Noah Slee, Symbiz und SoulForce, wir haben eine Fotografin Awhodat und noch einige lose Projekte von Einzelkünstlern die singlemaßig vorarbeiten. Der Focus liegt dabei hauptsächlich auf den vier genannten Künstler.

In letzter Zeit hört und liest man viel von Ronny Trettmann in Verbindung mit dir und SoulForce. Ronny ist aber nicht bei euch unter Vetrag?

Wir arbeiten zusammen und produzieren einzelne Releases gemeinsam, aber Ronny hat ein eigenes Label sowie andere Labelverpflichtungen. Trotzdem ist da immer mal wieder Platz für ein SoulForce-Release. Außerdem bin ich Trettmanns DJ und mache mit ihm zusammen Trettmann-HiFi. Auf dem Splash haben wir zum Beispiel zusammen gegen OK Kid geclashed. Wir machen seit 5-6 Jahren unheimlich viel zusammen und da wird es immer mal wieder ein Release geben.

Cover: Soulforce - Stereo Drei
Cover: Soulforce – Stereo Drei

Dein neues Tape ist nun am Start, das du mit ganz vielen eigenen Remixes und Edits vollgepackt hast. Was ist die Idee hinter dem Tape?

Zusammengefasst sind Titel zu hören, die mir gut gefallen und natürlich Songs von meinem Label. Wenn ich als DJ unterwegs bin, spiele ich gerne Remixe und Edits um mich so ein bisschen abzusetzen. Dafür war und ist SoulForce bekannt. Wir kommen ja aus dem Reggae/Dancehall-Bereich, da investieren andere in Dubplates, geben irgendjemanden ihr Geld dafür das der dann sagt „ey, du bist cool“. Das fand ich immer ein bisschen wack und ich dacht mir so, in Eigenleistung etwas musikalisches zu erschaffen was kein anderer hat ist schon ein bisschen mehr wert. Und das ist eigentlich auch das Thema des Tapes, das wieder ein bisschen zurück zu bringen und exklusive Sachen zu haben, die sonst kein anderer hat und die man auflegen kann. Das ist klar aus der Soundsystem-Schule kommend. Wenn man dann natürlich noch auf das ganze Material zurückgreifen kann, was Symbiz, Trettmann, Noah Slee bieten, dann ist das natürlich recht komfortabel.

Das neue Tape kommt mit vielen Songs deutscher Gangstar-Rappern daher, Schwester Ewa, SSIO und Haftbefehl sind da unter anderem mit dabei. Wissen die eigentlich von ihrem Glück, dass du ihnen ein neues musikalisches Bett gebaut hast und wie kommst du an die A cappella?

Für ein paar Songs habe ich die A cappella von den Künstlern direkt bekommen, andere sind gekaufte oder selbst erstellte. Die fertigen Remixe fliegen dann ins Netz und die Künstler werden verlinkt. Teilweise melden die sich, teilweise interessiert die Künstler das gar nicht. Künstler aus der Ecke „Alles oder nix“, Azzlackz, Hafti und Konsorten die begeistern mich einfach musikalisch und unterhalten mich sehr gut.

*Gelächter und zustimmendes nicken*

pEtEr, Fizzle und Walter nach dem Interview im Stereo 33
v.l.n.r. pEtEr, Fizzle und Walter nach dem Interview im Stereo 33

Walter: Wir haben heute Nachmittag dein Tape gehört und was mir da so auffällt und was mich schon immer rund um Dancehall gefragt habe ist, woher kommt diese Faszination für den Autotune-Effekt?

Ich glaube auf Jamaika gibt es generell eine Begeisterung für neue, technische Möglichkeiten. Seitdem Cher damals dieses Ding gemacht hat tauchte das immer wieder vereinzelt auf. Dann gab es vor vielleicht 10-12 Jahren Damian Marley, der das auf einer Single das erste Mal wirklich konsequent anwandte. Seitdem ist die Flut von Autotune-Songs über uns hereingebrochen und das wird auch nicht aufhören. Es ist halt einfach ein Stilmittel der modernen Studiotechnik.

Walter: Mir tut das schlicht in den Ohren weh und zwar so sehr, dass ich die meisten Autotune-Songs, selbst wenn ich sie musikalisch super geil finde, nicht so richtig hören kann. Was bedeutet das für dich persönlich? Lieber mit oder ohne Autotune?

„Der Autotune-Effekt ist EINER von tausenden Effekten die man verwenden kann“

Ich stelle mir gar nicht die Frage ob es mir mit oder ohne besser gefällt, sondern ich sehe das als ganz normalen Effekt an. Genauso wie es plötzlich Effekte auf E-Gitarren gab und alle gesagt haben „orr, ganz furchtbar wie die Gitarre jetzt klingt“. Der Autotune-Effekt ist bei einigen Liedern schön, bei anderen absolut scheiße, aber es ist EINER von tausenden Effekten die man verwenden kann. Das ist für mich nichts Generelles was einen Song schlecht oder gut macht. In machen Fallen gefällt mir das, in anderen nicht.

Produzierst du auch selbst oder greifst du nur auf das zurück, was Symbiz und co. für dein Label liefern?

Ich produziere als SoulForce schon lange komplett eigene Sachen. Und zwar nicht nur Edits und Mashups, sondern eigene Beats und ich nehme verschiedene Künstler auf. Außerdem bin ich Teil der Gruppe Kitschkrieg, bei der ich mit zwei weiteren Musikern produziere.

Womit können wir in naher Zukunft vom SoulForce rechnen?

Auf dem Label SoulForce wird in circa 4-6 Wochen Noah Slees Debuet-EP erscheinen. Ende Januar, Anfang Februar erscheint das Symbiz-Album, das wirklich schön geworden ist. Zwischendrin wird es 2-3 Singles geben und wir streuen immer mal wieder ein paar Remixe ein. Außerdem stehen die Chancen ganz gut, dass es Anfang des Jahres einfach plopp macht und ein neues SoulForce-Album im Internet auftaucht.

Noah Slee Foto by °awhodat° (www.awhodat.com)
Noah Slee (Foto by Awhodat)
ZehnMalZwei-Interview mit Noah

Wie wird Noah Slees neue EP?

Noah selbst nennt den Style „Future R&B“ und es ist eine sehr ausgefuchste Produktion, an der wir bestimmt anderthalb Jahre gearbeitet haben. An die 20 Songs haben wir aufgenommen von denen sechs auf der EP veröffentlicht werden. Dabei sind die Vorzeichen hervorragend, denn alles was Noah anpackt und wir mit ihm machen scheint zu klappen. Er ist einfach ein großartiger Künstler, es ist wirklich einzigartig was er mitbringt. Die Musik für ihn als Kitschkrieg zu produzieren ist wunderbar. Es sind keine Grenzen gesetzt, man kann experimentieren bis zum geht nicht mehr, es ist alles erlaubt.

Kannst du uns auch schon was vom neuen Symbiz Album erzählen?

Ein bisschen kann ich schon verraten: So wie es aktuell aussieht werden es zehn oder elf Songs werden. Symbiz haben vor rund anderthalb Jahren entschlossen mit Zhi MC zusammen zu arbeiten. Zhi MC haben sie ursprünglich als MC für die Liveshows mitgenommen und gemeinsam entwickelten sie sich immer weiter in Richtung Trio. Dementsprechend kann man auf dem neuen Album viel mehr Band-Kontext erwarten, jeder Track kommt mit Vocals von Zhi MC und auch weitere Features sind mit dabei.

Symbiz: Chris and Buddysym, completed by vocalist Zhi MC
Symbiz: Chris and Buddysym, completed by vocalist Zhi MC

Jeder, der schon mal eine Symbiz-Liveshow gesehen hat weiß, dass sie live unglaublich stark sind. Alles was sie an den Wochenenden auf den Bühnen lernen haben sie in ihren Produktionen angewandt und so auch ihren Sound weiterentwickelt. Um Symbiz zu beschreiben wird oft das Beispiel Major Lazor herangezogen. Für mich ist Symbiz so ein bisschen die Independent-Version von Major Lazer. Es ist alles noch nicht ganz so Großraum, aber sie wissen schon ganz genau wie man so einen Tanzfloor kaputt macht. Brachiale Party-Musik im schönsten Sinne.

Viel von dem, was ihr auf SoulForce veröffentlicht verschenkt ihr einfach im Netz. Zuletzt gab es die komplette Symbiz-Discographie als Dank für 1 Million Plays auf Soundcloud kostenlos zu laden. Wie funktioniert das? Kann man vom Label SoulForce oder als gesignter Künstler davon leben, oder ist es gar nicht das Ziel von dem Label leben zu können?

„Ich denke, dass es für Acts Sinn macht Musik zu verschenken und frei erhältlich zu machen“

Es ist absolut das Ziel einmal von dem Label leben zu können und das funktioniert auch. Der Weg dorthin geht über das Live-Geschäft, dort wird das Geld verdient. Ich denke, dass es für Acts Sinn macht Musik zu verschenken und frei erhältlich zu machen, bis sie eine gewisse Größe erreicht haben. Man muss eine gewisse Größe überspringen, dass es sich überhaupt lohnt und damit die Leute überhaupt bereit sind die Musik zu kaufen. Es macht gar keinen Sinn da eine Grenze einzubauen. Du erreichst viel weniger Menschen, kannst viel weniger live spielen, so geht die Berechung am Ende des Tages nicht auf. Für uns und unsere Acts funktioniert das eigentlich ganz gut. Hauptziel ist es, die Musik so weit wie möglich zu verteilen. Dann kommen halt Live-Gigs rein und wenn du jedes Wochenende zwei Dinger spielst, dann ist das gutes Geld. Bei Verkäufen muss man sich auch nichts vormachen, die sind ultra gering und das auch bei weitaus größeren Acts. Selbst die werden davon nicht leben können.

Wie bekannt ist eigentlich SoulForce? Werdet ihr auch über die europäischen Grenzen hinaus wahrgenommen?

Aufgrund der Sprachbarriere wie bei dem aktuellen Mixtape, wo viele deutschsprachige Sachen mit drauf sind, ist die Zielgruppe natürlich Deutschland, Österreich und die Schweiz. Doch wenn man sich einmal unsere Soundcloud-Hörerschaft anschaut, Soundcloud ist unser Haupt-Outlet, dann kommen mehr als die Hälfte der Plays aus dem englischsprachigen Raum. England, Amerika und dann je nach Release auch vereinzelt Jamaika, wobei sich Jamaika im Speziellen eigentlich nur für die eigenen Sachen interessiert. Die haben besseres zu tun als sich Reggae oder Dancehall aus Deutschland anzuhören.
Acts wie Symbiz oder Noah Slee und das SoulForce-Album sind komplett englischsprachig und gehen dank Internet natürlich um die Welt.


Stereo Drei, das Mixtape vom SoulForce (Fizzle)

„Grime is heavily influenced by dancehall, we want a reload, i need to get a reload…“ (Skepta Voice. Min. 13 Sec. 44)

Ein Satz, der alles sagt. Soundsystemmusik: Reloads, Pull Ups, Exklusives… . Darum gehts auf dem neuen SoulForce Mixtape. Ob aus Kingston, London oder Bonn ist egal, denn am Ende des Tages liegt das alles viel näher beisammen als so mancher denkt oder gar wahrhaben möchte. Es geht um den Forward und Bass.

Das “Mixtape” im Titel ging irgendwo unterwegs verloren, alles andere sitzt wie eh und jeh. Wir hören Trettmann auf Future Beats, SSIO und seinen Boss auf Remakes von unfickbaren 90`s Dancehall Klassikern und Hafti und Marsi auf Studio One Klassikern. Dazu gesellt sich die Top Garde der Londoner Grime Szene und die Label Kollegen Symbiz pumpen Bass mit Johnny Osbourne und auch ohne. Das Ganze macht Sinn und Spass. 25 Tracks in kurzweiligen 48,5 Minuten, ohne Schnörkel oder teuer gekauftem Rumgepose gemixt und selected von Label Chef Fizzle, der das Motto des Mixes so umschreibt: “Kram, den ich mag und Kram von meinem Label, den ich mag”.

https://soundcloud.com/soulforce/soulforce-stereo-drei-splash-mag-premiere-1

Tracklist
1. Intro
2. Trettmann – Keine Neue Tür (SoulForce RMX)
3. Trettmann – Gewehr Bei Fuß (SoulForce Regular Dub)
4. Megaloh – R.I.P. (SoulForce vs. Symbiz RMX)
5. Xatar – Mein Mantel (SoulForce vs. Symbiz RMX)
6. Symbiz – SoundBoy Dead (SoulForce Dub)
7. Johnny Osbourne – Buddy Bye (Symbiz RMX)
8. Tropkillaz x Gappy Ranks – Baddest Baby (Deejay Theory RMX)
9. Ape Drums feat. Vybz Kartel – Worl`Boss
10. Ape Drums x Vybz Kartel – Jersey (SoulForce RMX)
11. Wiley – Badman
12. Stormzy – Know Me From
13. Skepta – That`s Not Me
14. Skepta – Shutdown
15. JME – No You Ain`t
16. Stormzy – WickedSkengMan 4
17. LX – Compton (SoulForce RMX)
18. Kalim feat SSIO – Nein, Leider Niemals! (SoulForce RMX)
19. SSIO – Nuttööö (SoulForce RMX)
20. Xatar – AON Crü (SoulForce RMX)
21. Gzuz & Bonez – 9MM
23. SSIO – Vorspiel (SoulForce RMX)
22. Xatar feat. Samy & Schwesta Ewa – Wirbel Für Flous (SoulForce RMX)
23. Haftbefehl feat. Marsimoto – Zwischen Raum und Zeit (SoulForce RMX)
24. MoTrip – Mathematik (SoulForce RMX)
25. Trettmann feat. Megaloh – Was Solls (prod. Teka)
26. Trettmann feat. Megaloh – Was Solls (KitschKrieg RMX)