Der Wiener Musiker, Produzent und DJ Dunkelbunt ist seit Jahren auf den verschiedensten Pfaden der Musikgeschichte unterwegs. Dunkelbunts musikalische Weltreise war für viele DJs, die ich kenne, der Einstieg in verschiedenste Musikstile. Von Balkan Beats über Electro Swing bis Klezmer Sounds und vieles mehr. Auf seinem aktuellen Album „Mountain Jumper“ nutzt er den „Melting Pot“ USA als Spielwiese für die unterschiedlichsten Einflüsse aus aller Welt und knüpft auch an nordamerikanische Musiktraditionen an. Ab heute ist der gebürtige Hamburger mit seiner Band auf Tour. Wir haben ihn kurz vorher auf Skype erwischt…
Du bist ab morgen wieder mit deiner Band auf Tour. Auf was kann sich das Publikum freuen?
Wir spielen einen Querschnitt aus allen Dunkelbunt-Produktionen der letzten fünfzehn Jahre. Wir sind auf „Mountain Jumper“-Tour, aber wir spielen ein Sammelsurium von allem, was in die Beine und was ins Herz geht. Ich habe auch angefangen meine Live-Sets eher wie DJ-Sets zu gestalten, was das Spielerische und was die Auswahl angeht. Ich baue die Live-Sets ganz genauso auf wie DJ-Sets, also mit Ups und Downs. Wichtig ist mir ausserdem, dass die Sets tanzbar sind und dass man gut reinkommt. Bei der Songauswahl geht´s mir weniger um Aktualität, sondern um Vielfalt und das Gesamtkonzept, aber auch darum alle Klangfarben und Styles unterzubringen. Ich spiele auch alte Solo-Piano-Songs oder Lieder nur mit Cello und Gesang.
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Mit wie vielen Leuten bist du diesmal unterwegs?
Wir sind diesmal nur mit fünf Leuten auf der Bühne. Ein Saxofonist, der auch Klarinette spielt. Unsere Sängerin ist auch Konzert-Cellistin und spielt bei uns beides. Dann gibt es noch zwei Sänger, von dem einer auch Gitarre spielt und ich kümmere mich um die Keyboards, Synthesizer und Electronics. Unsere Cellistin macht das Vorprogramm und dann gibt es einen fließenden Übergang zum Dunkelbunt-Liveset.
Dein letztes Album „Mountain Jumper“ ist eine Hommage an traditionelle nordamerikanische Musik. Wie ist denn dieses Album genau entstanden?
Ich war zwar länger in den USA, aber diese Reise hat mich jetzt nicht wirklich zu dem Album inspiriert. Ich habe zwar schon ganz lange die Idee gehabt, dass ich was mit traditionell nordamerikanischem sound mache. Schon bevor ich überhaupt in Amerika gewesen bin. Ich hatte vorher eben auch diese Affinität für den Balkan entwickelt und eben eine Vergangenheit am Klavier mit Swing und Ragtime und wollte das auf- und abarbeiten. Als ich jetzt in den Staaten gewesen bin, bin ich eigentlich auch wenig auf diese Countrymusik oder Bluegrass gestoßen. Die Musiker, mit denen ich dort zu tun gehabt habe waren eher im elektronischen Bereich unterwegs. Das Album ist ja auch nicht nur voll mit Sounds aus Nordamerika, sondern hat eben eine bestimmte Färbung. Aber du hörst auf „Mountain Jumper“ eigentlich Musik aus der ganzen Welt. Es ist also eher ein Reisetagebuch meiner letzten zehn Jahre. Ich höre da alles mögliche drin. Während der Komposition ist mir der Gedanke gekommen den amerikanischen Kontinent als Boden zu nehmen, auf dem unterschiedliche Musik stattfinden wird. In die USA sind ja Einwanderer aus aller Herren Länder gekommen und haben dort zusammen musiziert. Man sagt ja oft der Jazz sei die amerikanische Musik, aber ich finde da ist noch viel mehr entstanden. Die Klangfarben im Jazz finde ich zwar cool, aber sie kreisen im Endeffekt auch um sich selbst und es sind immer die gleichen Instrumente. Ich hab noch nie Bouzouki als Instrument im Jazz gehört, ich hab noch nie chinesische Instrumente im Jazz gehört. Die Grundlage für „Mountain Jumper“ war die Vorstellung, dass irgendwo in der nordamerikanischen Prärie all diese Nationalitäten musikalisch aufeinandertreffen und zu später Stunde miteinander spielen.
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Du hast schon lange eine Affinität zu Ragtime und Swing, die schon viel länger dauert als es Electro Swing gibt. Trotzdem wirst du ja oft als einer der Wegbereiter des Electro Swings betrachtest. Inwiefern kannst du damit überhaupt was anfangen?
Wenn du dir mal anschaust, was ich in diesem Bereich veröffentlicht habe, kannst du das an einer Hand abzählen. Das sind Cinnamon Girl, Stojka Empire, Gypsy Doodle und ein, zwei andere Tracks. Also eigentlich hab ich da nur ganz wenig gemacht. Aber ich war eben sehr früh damit am Start und hab das sehr früh aufgelegt. Ich habe das früher oft so kommuniziert und habe in all meine Pressetexte den damals unbekannten Namen Electro Swing einfließen lassen, weil ich wusste, dass das etwas ist, was mal groß wird. Ich bin schon ein Wegbereiter, aber ich bin kein aktueller Interpret oder Protagonist, weil mich das auch schon seit fünf Jahren nicht mehr interessiert. Ich finde Electro Swing extrem langweilig. Ich finde jeder Titel klingt voll austauschbar, ich sehe da überhaupt keinen Unterschied. Das sind immer die gleichen Samples. Mich flasht das irgendwie gar nicht mehr.
Was ich in letzter Zeit total cool fand und was ich auch aus Amerika mitgebracht habe ist Ghetto Funk. Das wird auch viel in Miami produziert. JPod aus Vancouver ist auch cool. Ich stehe eher auf die ganzen Downtempo-Sachen, die eigentlich auch Uptempo sind. Das eignet sich meines Erachtens nach viel besser zum Tanzen, als diese 120 oder 130 bpm-Four to the Floor-Sachen. Um nochmal auf die Frage nach dem Electro Swing zurückzukommen: Ich bin froh, dass ich auf solche Partys nicht mehr gebucht werde. Die Veranstalter haben mittlerweile gecheckt, dass ich da nicht der Richtige bin und das nicht auflege. Ich werde als Dunkelbunt gebucht und muss mich nicht mehr in eine Zwangsjacke stecken lassen. Auch wenn ich immer frei gespielt habe, hatte ich auch eine Zeit lang ein leicht schlechtes Gewissen, wenn ich wusste: Ich müsste jetzt eigentlich Electro Swing spielen.
Was gibt es denn als Nächstes aus dem Dunkelbunt-Kosmos?
Ich hab schon ziemlich viele Songs, die auch schon sehr weit sind. Aber momentan nutze ich die meiste Zeit zum Üben. Ich sitze unheimlich viel an Instrumenten. Im Moment habe ich nicht das Bedürfnis wieder etwas rauszuschießen. Die höchste Kunst im Leben ist sowieso der Müßiggang und das auch zu leben. Also nicht immer alles was man machen könnte, zu machen. Ich habe da gerade eine ganz gute Ruhe gefunden. Wenn ich mit anderen abhänge und dann Visionen ausgetauscht werden über Dinge, die man machen sollte oder muss, sage ich oft: Ey nee Leute, überhaupt nicht. Macht das alles, aber nicht mit mir. Ich kann zu meinem Kreativ-Output eigentlich nur sagen: Ich bin so erfüllt mit den Sachen, die ich gemacht habe. Ich werde auch wieder neue Sachen machen, aber eben nicht unmittelbar. Ich mag nicht mehr sähen als ich ernten kann. Ich hab keine Lust, dass meine Ernte verfault. Ich will das einfach alles genießen können. Ich habe Familie und zwei Kinder, also da gibts jetzt keine spektakulären Neuigkeiten. Das ist manchmal schon schwer, weil man oft meint alles mitnehmen zu müssen und es war auch eine Zeit lang wichtig. Das wird einem ja auch so verklickert. Immer funktionieren, immer da sein. Und: Was bist du für ein Künstler, wenn ich jetzt nicht jedes Jahr ein Album rausbringe? Wo dann viele Leute sagen: Hast du keine Ideen mehr? Da sage ich: Nee, jeden Tag wache ich mit Ideen auf und schlafe mit Ideen ein. Ich bin so froh, dass ich sie einfach gehen lassen kann.
Dunkelbunt on tour 2015
05.11. Erlangen (D) E-Werk
06.11. Kassel (D) Schlachthof
07.11. Hamburg (D) Übel & Gefährlich
08.11. Wiesbaden (D) Schlachthof
09.11. Reutlingen (D) Franz K
12.11. Bremen (D) Lila Eule
13.11. Frankfurt a. O. (D) Transvokale Festival
14.11. Berlin (D) Lido
28.11. Wien (A) Grelle Forelle
04.12. Jena (D) Kassablanca
05.12. Leipzig (D) Elipamanoke
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