Wie werden eigentlich die Besucherzahlen bei denDemos von PEGIDA, AfD usw. ermittelt?

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Über die Besucherzahlen bei Demos und anderen Großveranstaltungen wird immer wieder kontrovers diskutiert. Presse, Polizei und Veranstalter kommen (naturgemäß) auf ganz unterschiedliche Zahlen. Bei den PEGIDA-Demos ist das nicht anders, nur der Ton ist (das ist leider wohl ebenso naturgemäß) rauer.

Wie kommen die Zahlen denn nun zustande?

Fangen wir mal ganz vorne an: Solange die Ergebnisse nicht zu einhundert Prozent exakt sein müssen und von einem Platz mit gutem Überblick über die Veranstaltung aus gezählt wird, ist das echt keine Hexerei. Insbesondere solange die Menschenmengen nicht zu groß werden, geht das ohne Hilfsmittel erstaunlich genau. Die Besucherzahlen einer Party oder eines Clubs bis zu -sagen wir mal 1000 Besuchern- kann man mit etwas Erfahrung durch schnelles Zählen und zusammenfassen in 10er-Blöcke ausreichend genau schätzen.
Zumindest genau genug, um mir als DJ und/oder Veranstalter einen Überblick zu verschaffen. Probiert das mal aus! Ist eine reine Übungssache und man bekommt recht schnell ein Gefühl für Raumgrößen und ihren Füllungsgrad.

Bei größeren Veranstaltungen wird es schon deutlich schwieriger. Heute plus hatte gestern einen sehr interessantenBeitrag, in dem verschiedene Zähltechniken gezeigt werden.

Wie viele Pegida-Anhänger sind jeden Montag auf der Straße? Darüber wird in Dresden heiß diskutiert. Wie zählt man die Teilnehmer eigentlich?

Posted by ZDF heuteplus on Montag, 9. November 2015

Man kann von oben geschossene Photos (am besten Luftbilder) benutzen und ganz schlicht Köpfe zählen.
Bei sich bewegenden Menschenmengen, wie auf Laufdemos kann man Menschen mit Zähler an einer möglichst engen Wegstelle postieren und wieder zählen.
Eine Möglichkeit der Hochrechnung ist, nur über einen definierten Zeitraum an der Engstelle zu zählen, die gesamte Zeit messen, die der Demozug braucht, um an der Stelle vorbeizulaufen, und dann hochrechnen.
Es gibt sicher noch mehr Möglichkeiten.
Nur, was die PEGIDA-Anhängerin im Video tut, nämlich pauschal 6 Menschen pro Quadratmeter anzusetzen, das führt natürlich zu nichts. Auf der Fläche basierende Schätzungen funktionieren meiner Meinung nach durchaus, aber nur bei bei proppevollen Veranstaltungen mit unbewegten Menschenmengen in geschlossenen Räumen, zB auf Konzerten. Dann aber mit einer realistischeren Grundannahme, als 6 Personen pro Quadratmeter.
Eine Demo, deren Teilnehmer sich eh schon von allem und jedem verfolgt, belogen und kleingeredet fühlen, wird versuchen, mehr Platz zu verbrauchen und sich nicht unbedingt sehr eng stellen. (Hier wunderschön zu beobachten.)

Wer mehr darüber erfahren will, kann bei der im Video erwähnten Organisation durchgezählt.org vorbeischauen. Das sind Studenten, die aus wissenschaftlichem Interesse Demos auszählen. Meist geht es da um XX-IDA oder die AfD und natürlich die entsprechenden Gegendemos. durchgezählt.org macht seine Methoden transparent und lädt jeden ein, die Zahlen zu prüfen. Wissenschaftler halt. Die besorgten Bürger, die bei ihnen kommentieren, macht es immer ganz fuchsig, dass die Organisation auf den Vorwurf, Ergebnisse zu fälschen („Systemlinge“, „Lügenpresse“, ihr kennt das ja.) meist nur lapidar auf ihr öffentliches Rohmaterial verweist und jeden freundlich einlädt, nachzuzählen.

Das folgende Photo stammt (wie das Artikelbild) aus dem Material von durchgezählt.org und zeigt sehr schön die gezählten und mit einer Farbe markierten Hunderterkohorten.

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Würden wir hier nur über Wissenschaft und Technik sprechen, wäre das Zählen von Teilnehmern an Demos oder Besucher von anderen Großveranstaltungen nicht der Rede wert. Würde alle Beteiligten wie Polizei, Veranstalter oder Presse nicht von divergierenden Einzelinteressen angetrieben, sondern zusammenhelfen, hätten wir extrem genaue Zahlen. Aber leider ist die Sache halt nicht so einfach. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass es durchgezählt.org oder crowcounting.de gibt, die ein wenig Objektivität in dieses schmutzige Spiel bringen.

(Bilder: Marcel Sarközi Bearbeitung: Christopher Pabel, mit freundlicher Genehmigung von durchgezählt.org)