M.I.A und H&M machen gemeinsame Sache für etwas (vermeintlich) Gutes. In der Redaktion sind wir uns uneinig darüber, was wir davon halten sollen. Die Stimmen gehen von „coole Sache“ bis hin zu „H&M beim Greenwashing“ und „das passt alles nicht zu M.I.As sonstiger Agitation“. Ich habe mir meine eigenen Gedanken dazu gemacht:
Man wird immer an dem gemessen, was man vorgibt zu sein
Wenn ich behaupte, dass H&M scheiße ist, dann muss ich ehrlich gesagt, vieles aus dem Kleiderschrank ausmisten. Und wenn man sich den Erfolg des Konzerns anschaut, stehe ich sicher nicht alleine da.

Also bin ich eher vorsichtig, was ich sage und was genau ich kritisiere. Mein moralischer Anspruch an mich: Sei authentisch und stehe dazu, dass du nicht perfekt bist!
Aber wir meinen es doch gut und die Konzerne sind doch die Bösen!?
Mag sein, dass der eine oder andere Kritiker sich von der Headline beleidigt fühlt. Verlogen, wieso?, wenn man an all die armen Menschen denkt, die unter schweren Bedingungen arbeiten müssen? Bei schlechter Bezahlung und Überstunden.
Genau diese Sorge scheint die Kritiker unantastbar zu machen, nach dem Motto ‚wir meinen es doch gut und die Konzerne sind doch die Bösen‘. Ist das so? Ist es so einfach, das mit dem ‚gut‘ und ‚böse‘?
Unsere Weltwirtschaft ist fast schon grenzenlos miteinander verstrickt. Kein Unternehmen stellt wirklich mehr eigene Waren vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt selbst her. Sei es ein Auto, eine Creme oder ein Hemd. Im Falle eines Hemdes weiß man zwar, wo die Teile zusammen genäht wurden, weil ein „Made in“ Schildchen im Innern es verrät, aber weiß ich wo die Fäden für den Stoff herkommen, wo der Stoff produziert und gefärbt wurde, wo die Farbe für die Muster herkommt, wo der Kunststoff für die Knöpfe recycelt wurde und wo sie schließlich zu Knöpfen verarbeitet wurden?
Egal, ob wir Bio, Vegan oder eben Hasi und Mausi unser Geld geben; wir alle sind auf das globale Netz der Rohstoff- und Produkt-Wanderung angewiesen.
Es gibt wohl ein Begriff, für unser Ahnungslosigkeit: Seeblind. Die Frachtschifffahrt zeigt unsere Ahnungslosigkeit und unsere Machtlosigkeit gegenüber dem Ausmaß unserer Umweltzerstörungskraft.
https://www.youtube.com/watch?v=puDRqguTMK8
Jetzt kommen wir zu meinem eigentlichen Vorwurf: Verlogenheit
Man meint es ja nur gut, weil ja die Frauen und die Kinder in Bangladesh leiden müssen, was ohne Zweifel echt scheiße ist, aber kurze Zeit später klatscht man sich eine Weleda-Rosencreme ins Gesicht, deren Rohstoffe aus der Türkei und anderen wärmeren Ländern kommen, wo Plantagen betrieben werden, welche bewässert werden und von denen aus die Rohstoffe/Produkte dann ihre Reise antreten. Wir wollen es so, wir wollen mit dem Kaufen möglichst eine reine Weste haben.
An der einen Stelle schenken wir einem Konzern, der sich geschickter moralisch verkauft als andere unser vollstes Vertrauen, decken uns dort ein und glauben damit die Welt ein Stück gerettet zu haben. Faire Löhne bringen nichts, wenn wir die Umwelt zerstören. Und vielleicht können wir daran nichts ändern, weil die Natur uns einfach mal ausrangiert.
Wenn M.I.A und H&M also versuchen, an einem dieser verzwickten Punkte in dem Teufelskreis in dem wir stecken, anzusetzen und dem Textilrecycling ein poppig-attraktives Image geben wollen, dann sollen sie es verdammt nochmal tun können, ohne dass man ihnen direkt mit dem Lohndumping-Vorwurf zu kommen braucht.
Wenn es jemand geschafft hat, autark zu leben und komplett raus ist aus diesem Kreislauf, so entschuldige ich mich hiermit, alle anderen sollten einfach mal genauer hinschauen und nicht glauben, durch Bio- und Vegan oder was auch immer der Ablass-Deal ist, in der Position zu sein, wirkungsvoll gegen ein riesigen Konzern schießen zu können.