Ich hab’s versucht. Wirklich. Vier Tage lang. Dialog mit der AfD Berlin auf Twitter, um die Frage zu klären: Warum gehört der Islam nicht zu Deutschland, Muslime aber schon?
Bisher habe ich mich der Partei belustigend bis kritisch angenähert. Wenn ihr Bock habt, könnt ihr das hier hören. Immer noch ein großartiges Projekt. Spezielle Anfrage an das Berlin Boom Orchestra.
Doch je häufiger ich die Tweets von B. v. Storch und diversen AfD-Landesverbänden lese, desto klarer wird: unser Dagegen bringt der Partei einen Haufen Dafürs. Pöbeln und Auslachen hilft uns nicht weiter.
Also gut, dachte ich, versuch ich das sachliche Gespräch. Vier Tage lang habe ich mich auf Twitter mit einem oder mehreren ehrenamtlichen Parteifreunden unterhalten, die @AFDBerlin betreuen. Das ist der offizielle Kanal des Berliner Landesverbandes.
Rausgekommen ist dabei leider, was ich erwartet habe.
Nachfolgend protokolliere und kommentiere ich den Gesprächsverlauf für euch. Hinweis: meine Tweets löschen sich nach ca. einem Monat automatisch. Das unkommentierte Gespräch könnt ihr hier nachlesen.
„Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Das sehen auch 61% der Bürger so“
Ausgangpunkt des Gesprächs war dieser Retweet der AfD Berlin.

Steile Aussage. Mich interessierte, woher die Zahl kommt. Klick auf den Tweet-Link, klick und schon las ich die Auswertung einer BILD-Umfrage. Dort standen die 61%. Dort stand aber auch, dass 49% der Befragten meinen, Muslime gehören zu Deutschland. BITTE WAS? Gleich mal bei der AfD Berlin nachgefragt, die wenige Minute vorher auf einen Kommentar reagiert hatte.

Die Antwort kam unerwartet schnell.

Sagt auch die AfD und steht im Wahlprogramm? Das habe ich zwar gelesen, konnte mich aber nicht erinnern. Also nochmal nachfragen.
Die Antwort war ein Brett.
Historischer Fakt und Meinung des Volkes. Und die AfD Berlin repräsentiert beides? Nachdem ich erklärte, dass ich auch das Volk sei und sie mich nicht repräsentieren, fragte ich nochmal nach, warum der Islam nicht dazugehört, die Muslime aber schon, die ja per Definition Angehörige des Islam sind?
Die AfD Berlin und die religiöse Toleranz
Die Antwort kam von einer Mitlesenden. Ich zitiere: „Die Anhänger sorgen mit für das Funktionieren der Gesellschaft, ihre Religion nicht.“
Kurz danach antwortete die AfD Berlin …

So absurd, darauf ging ich nicht weiter ein, sondern widmete mich dem Nebengespräch mit der Dame. Man kann doch Religion nicht ablehnen und ihre Anhänger akzeptieren? Die Antwort: „Doch, das nennt man dann religiöse Toleranz.“
Ich holte die AfD Berlin zurück ins Gesprächsboot, die die Aussage mit einem „… perfekt zusammengefasst“ kommentierte. Hm, war mir weiterhin unklar. Ich fragte nach.
Zustimmung der AfD Berlin … und wieder der bekannte Fakt.
Ich fragte nach, welche Sinn der Fakt ergibt, wenn sie den Islam in Deutschland tolerieren und respektieren?
Islam, Dub, Hip-Hop und ein Opernhaus
Nach einem Tag Funkstille bat ich erneut um eine Antwort. Die kam erneut nicht von der Berliner AfD (arbeitet ehrenamtlich und ist nicht rund um die Uhr im Kanal. Hat aber Zeit, zwischendurch polemische Retweets zu posten und ähnliches), sondern wieder einem Mitlesenden:
„Als Opernhaus tolerieren wir Dub und Hip-Hop bei unseren Mitarbeitern aber es wird in unserem Hause nicht gespielt!“
Gute Antwort, über die ich ein bisschen nachdenken musste. Denn irgendetwas stimmte an diesem Bild nicht. Ich holte die AfD Berlin einmal mehr zurück ins Gespräch, die einmal mehr bestätigten.
Das ließ ich mir nochmal bestätigen.
Tja, was heißt das, wenn privater Islam für die AfD Berlin in Ordnung ist? Daraus ergeben sich dann ja wirklich zwei Problem im Grundsatzprogramm der Partei. Zumindest nach meinem Verständnis.
Auf die Meinung warte ich noch immer. An der ehrenamtlichen Twitter-Betreuung kann es nicht liegen. Auf dem Kanal gab es genug Aktivitäten, die zeigen, dass ihnen meine Anmerkungen nicht entgangen sein können.
Ich fragte sogar mehrmals nach und endete schließlich mit dem Fazit:
Die Reaktion auf diesen Tweet war … unfassbar. Als Partei hätte ich die Chance ergriffen und mich zu meinem politischen Verständnis geäußert. Aber nein.
UN-FASS-BAR! Ich komme mit einer konkreten Frage zu ihrer Politik und sie bashen Altparteien. Reagieren einfach nicht, wenn es kritisch wird. Kompetenz geht anders.
Liebe AfD Berlin, vielleicht ringt ihr euch ja doch noch zu einer Antwort durch. Ich gebe euch sogar ein größeres Forum für die Diskussion. Ich will euch nicht in die Pfanne hauen. Ich will einen sachlichen Dialog, den ihre auf eurem Twitter-Kanal auch gern von anderen Politikern fordert.
Anderfalls muss ich leider davon ausgehen, dass euch plumpe Aufmerksamkeit wichtiger ist als eure Politik und ihr nicht mal das zentrale Thema eures politischen Wirkens versteht.
Ich kann die Probleme des Autors “den Islam” und “die Muslime” auseinander zu halten, nicht ganz nachvollziehen. Ein Muslim ist ein Mensch der u.a. an den Koran glaubt, aber auch gleichzeitig Busfahrer oder Rechtsanwalt ist, Hobbies hat, Familie hat, etc. Wohingegen der Islam als Religion stärksten gesellschaftlichen Einfluss hat und die Menschen verändert (wie sich auf der halben Welt beobachten lässt).
Da diese Veränderung aus meiner Sicht tendenziell negativ ist (weniger Wissenschaftlichkeit, weniger Freiheit, weniger Frauenrechte), sehe ich keinerlei Gründe den Islam oder andere Religionen staatlich zu fördern oder Ihnen Sonderrechte einzuräumen.
Man könnte hier der AfD sogar in der Sache fast zustimmen (ein blindes Huhn..), wenn sich nicht an anderer Stelle ihr Hass gegen Muslime (!) deutlich zeigen würde. Und sie sich darüber hinaus nicht für ein konservativ christliches Weltbild einsetzen würde. Das Ganze hat also nichts mit allgemeiner Religionskritik, sondern wie immer bei der AfD, mit Fremdenhass zu tun.
Aber zurück zum Autor: würdest du wirklich mehr Islam, mehr Christentum, mehr Judentum haben wollen in Deutschland? Sollte das nicht so privat wie möglich bleiben und die Aufgabe des Staates darin bestehen, Radikalisierung zu verhindern?
Es gibt beim Christentum noch genug zu tun, nachdem über Jahrhunderte langsam der Einfluss zurück gedrängt wurde. Und jetzt soll man eine weitere Religion sich hier ausbreiten lassen? Noch dazu eine Religion die, objektiv betrachtet, politisch weltweit extrem negativ in Erscheinung tritt. Da können die Muslime (im Sinne von einer Herkunft aus einem muslimisch geprägten Land) nichts für, aber Islamismus und Islam ist nun mal eng verknüpft (siehe demokratisch gewählte, islamistische Regierungen in der Türkei, Ägypten, Pakistan, Palästina…).
Daher meine Bitte an die Politik: den Islam deutlich kritisieren und enge Grenzen setzen (unter dem Grundsatz strenger Säkularität) und gleichzeitig Menschen die aus muslimischen Ländern kommen, egal wie gläubig sie sind, willkommen heißen und fördern und nicht als Muslime, sondern als Individuen ansprechen.
Konkret kann das heißen: Moscheen sollten sich nicht aus dem Ausland finanzieren lassen. Das Geld kommt in den meisten Fällen aus einem Ministerium der Türkei (und somit vom islamistischen Ziegenpeter Erdogan) oder aus Saudi-Arabien (kein Kommentar nötig). Ebenso nur noch in Deutschland, unabhängig ausgebildete, und in irgendeiner Form geprüfte, Imame dürfen predigen.
Außerdem einen Konfessionen-übergreifenden Religions- und Ethikunterricht. Keinen Islamunterricht einführen, dafür katholischen und evangelischen Unterricht abschaffen.
Islamismus sollte nicht verharmlost werden, das steht als politische Ideologie auf einem Level mit dem Faschismus. Es gibt keinen Grund bei Türken, Arabern, Persern etc. andere Maßstäbe anzulegen als bei Westeuropäern, was das Bekenntnis zu universellen (nicht „westlichen“!) Werten angeht. Das sind wir nicht zuletzt den säkularen und modernen (Ex-)Muslimen schuldig, die in ihren Ländern und in ihren Communities in Europa angefeindet werden.
Hallo,
entschuldige die verspätete Antwort. War ein paar Tage weg. Ich habe kein Problem damit, die Religion und ihre Anhänger auseinander zu halten. Ich finde es schwierig, sie getrennt voneinander zu beurteilen. Das geht, wenn du sagen würdest: Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Die Menschen aus islamisch geprägten Ländern gehören dazu. Dann betrachtest du sie von der menschlichen Seite, wie du es ja auch beschreibst (Busfahrer, Anwalt …). Muslim ist eine andere Sichtweise.
„Würdest du wirklich mehr Islam, mehr Christentum, mehr Judentum haben wollen in Deutschland?“
Diesen Wunsch habe ich an keiner Stelle geäußert. Ich finde es vollkommen in Ordnung, dass es all diese Strömungen bei uns gibt. Die radikalen Strömungen sind davon ausgeschlossen. Das sind Idioten, die leider irgendwie immer dazugehören und die meiste Aufmerksamkeit bekommen. Die sollten wir definitiv kritisch hinterfragen, aber eben nicht pauschal auf alle schließen.
Wie oben erwähnt, denke ich, dass es für den Staat recht schwierig wird, Radikalisierungen zu verhindern, wenn Religionen komplett ins Private ergo den Untergrund geschoben werden. Deine konkreten Maßnahmen würden meiner Meinung nach auch den privaten Raum verlassen und öffentlich eingreifen (geprüfte Imame, Religionsunterricht).
[…] Die Partei ist jetzt erstmal gewählt und muss zeigen, was sie überhaupt auf die Reihe bekommt. Bisher habe ich nur erlebt, wie ihre Mitglieder provozieren und Parolen plappern. […]
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