Wer säuft Bier, grölt grundlos rum, kategorisiert Menschen nach ihrer Nationalität und schwenkt betäubt von der eigenen Ignoranz Deutschlandfahnen?
Die Antwort im Frühsommer 2016 lautet dann wohl: Zwei Bevölkerungsgrüppchen. Die Fussballturnier-Opportunisten-Fans und der Pegida/AfD-Mob.

Der obligatorische Disclaimer: Jaaa, es ist nicht alles schlecht
Ja, Fussball ist geil. Ja, sportlicher Wettstreit ist geil. Und ja, auch den bestimmt wieder massenhaft auf die ZuschauerInnen zukommenden, inspirierenden Werbespots der Sponsoren und der UEFA nach ist auch dieses Jahr wieder Fussball eigentlich nur: „Fair Play“, „Say No To Racism“ und „I Love This Game“. Okay, das letzte war mal der Slogan der NBA – aber was Ähnliches werden sich die Marketingstrategen der Verbände für die Fussball EM in Frankreich dieses Jahr schon auch ausgedacht haben.
Versteht mich nicht falsch. Vollkommen ironiefrei ist Sport, und erst recht Mannschaftssport, natürlich was Wunderbares – kann völkerverständigend, identitässtiftend und verbindend wirken. Nebenbei wird geschwitzt, gefeiert und wüste Widerlinge finden vergleichsweise ungefährliche Ventile für ihre Frustrationen (Blutgrätsche lässt grüßen).
Auch Schwarz-Rot-Gold ist natürlich irgendwie geil. Weil: Hambacher Fest, Revolution, Republik, dies das. Das ist aber halt auch knapp 200 Jahre her…
Warum Fahnenschwenkerei beim Public Viewing und die Deutschlandfarben auf Seitenspiegeln eigentlich schon immer peinlich waren
Ausufernde Begeisterung angesichts eines Corporate Shitfest mit Sportlichkeitsverdacht kombiniert mit opportunistischem Patriotismus-Exhibitionismus? Sorry, aber da weiß ich jetzt gar nicht, wo ich anfangen soll.
Peinlich plus peinlich ergibt halt einfach nicht unpeinlich.

2016 kommt’s drauf an
Worauf? Darauf, aktiv Partei zu ergreifen oder wenigstens aktiv der Vereinnahmung durch komische Interessengruppen entgegenzuwirken. Auch bei Fanfesten, beim Dresscode der Seitenspiegel des eigenen PKWs, beim Bemalen des eigenen Gesichts und grundsätzlich. Deutschlandfahnen wurden 2015 und werden 2016 halt nun mal einfach gerne und häufig bei Pegida-Märschen und AfD-Veranstaltungen geschwungen. Das kann man entweder ignorieren – oder eben Flagge zeigen durch’s nicht Flagge Zeigen.
Gleiches gilt in Sachen Fussball. Wer zeigen will, dass es um Fussball geht, braucht dazu keine Flaggen, keine Fanartikel-Industrie und keine Original-Jerseys für € 80.-. Wem es um Fussball geht, der macht sich Sorgen um ihn. Sorgen um die Toten in Qatar im Vorfeld der wahnsinnigen Winter-WM dort (schätzungsweise 4000!), die berechtigten sozialen Unruhen in Brasilien vor der WM 2014 und Sorgen um Korruption, Kommerz und scheinbar flächendeckendes Fehlverhalten in den Verbänden.

Bei der EM 2016 instrumentalisieren sich Deutschlandfahnenschwinger freiwillig für gleich zwei eindeutig zweifelhafte Bewegungen/Institutionen:
- für die Patridioten um die AfD und Pegida
- und für den korrupten Überbau, der Fussball als ehrlichen sportlichen Wettbewerb zu fairen Bedingungen für Fans und direkt Beteiligte kaputtzumachen droht.
Und niemand kann sich damit rausreden, auch nur von einem der beiden Missstände nichts gewusst zu haben.
Schwarz-rot-gold zur EM 2016? No-go.
[…] aber trotzdem saugut. Und eine schöne Überleitung mit massig Referenzen zu unserem Fahnenschwenker-EM-Beitrag. Und zu Gauleiter, dem […]
[…] Alle üblichen Kandidaten sind wohl schon beim Public Viewing? […]
[…] Die Fussball-Europameisterschaft steht vor der Tür und wir gehen mit gemischten Gefühlen an dieses Event heran. Frieder hatte zuvor schon einen stark diskutierten und kritisierten Artikel geschrieben, in dem er beschreibt, warum die Fahnenschwenkerei beim Public Viewing und die Deutschlandfarben auf Seitenspiegeln eigentlich schon immer peinlich waren. […]
Ganz und gar nicht meine Meinung!
Nur weil AFD,Pegida (etc.) was völlig falsch verstehen, soll es ein no ho sein, Flagge zu zeigen FÜR ein weltoffenes Deutschland? Mich am besten farblos verkriechen, nur weil ich mit den Extremisten in Verbindung gebracht werden könnte?
Genau DAS wäre für mich Resignation vor eben diesen Gruppen.
Ja, schwieriges Thema, hab da auch noch viel drüber nachgedacht. Ist ähnlich wie mit diesem „Wir sind das Volk“ Spruch der bis vor zwei-drei Jahren ja höchst inklusiv war – im Sinne von „wir sind ein vereintes Deutschland, die Mauer muss weg“…und jetzt plötzlich ist das Statement mega-exklusiv und bezieht sich explizit nur auf diese Fahnenschwenker-Lügenpresse-Brüll-Deppen, die das zur Ausgrenzung nutzen. Nervig.
Nur dass damals nicht gesagt wurde: Wir sind das Volk, sondern: Wir sind ein Volk! Kleiner, aber wichtiger Unterschied!
Das ist wirklich eine sehr einseitige, beschränkte und somit peinlich unreflektierte Betrachtung der Fangemeinschaft, des Sports und der Politik diesbezüglich. Die Missstände in Brasilien und Qatar sind zweifelsohne ein Skandal und auch in der ältere Geschichte gab es vergleichbare traurige Ereignisse – es wurden und werden immer wieder große Fehler gemacht. Diese werden nicht damit gelöst, dass wir in Deutschland jetzt kein Fußball mehr schauen oder keine Fahnen schwenken! Die einzige sinnvolle Lösung wäre ein verantwortunsgvolles Einschreiten der jeweiligen lokalen Politik und der Fußballorganisationen sowie humanitärer Hilfsorganisationen. Somit ist die Lösung nicht keine Fahnen zu schwenken, sondern sich zu engagieren.
Der Vergleich zu Pedgida und AfD-Mob ist auch mehr als traurig. Dürfte ich also meine Fahne schwenken, wenn es keine Pedgida in Deutschland gebe? Dir ist schon bewusst, dass wir der „Geste des Fahneschwenken“ als Pegida-Symbol viel mehr Macht zuschrieben, wenn wir es nicht mehr täten?
Hast du nur ein Problem damit, dass Menschen (auch viele meiner internationalen Freunde sind derzeit dabei) die Deutsche Fahnen schwingen? Ist es also okay, dass alle anderen Nationen Flagge zeigen?
Eigentlich hören sich deine Argumente so an, als sollte keiner mehr seine Fahnen schwingen aus Protest gegen den korrupten Fußball und rechtsextreme Gruppierungen. Doch dann verstehe ich nicht, warum du hier auf schwarz-rot-gold rumhackst. #peinlich
Ich finde auch, dass man das nicht pauschalisieren darf. Flaggen und Fahnen unterschiedlichster Nationen gehören zu jeder WM oder EM wie die Spiele der verschiedenen Nationalmannschaften gegeneinander. Flagge zu zeigen, hat in dieser Phase keine negative Seite, sondern ist – bei den meisten Menschen – lediglich Ausdruck dafür, zu welcher Mannschaft man hält. Und dafür kann man niemandem einen Vorwurf machen, egal ob man in seinem Vorgarten die Deutsche Flagge, die Schweizer Fahne oder die Italienische Flagge bzw. die Spanische Flagge hisst.
Insgesamt schon interessant, weil die Frankfurter Rundschau vom vergangenen Wochenende ähnliches festgestellt hat, nämlich dass die Identifikation mit der EM 2016 lahmt: leere Fanmeilen, leere Balkone.
[…] Umgang damit berichten wir regelmäßig „in Krisenzeiten“ wie zur WM, oder zur EM mit dezidierten Meinungen. Auch die Designer von fsdesign haben sich dem Thema angenommen und eine, wie ich finde, schöne […]
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