
Jogginghosen sind für Versager, für Karl Lagerfeld (RIP) steht das fest:
Jogginghosen sind das Zeichen einer Niederlage. Man hat die Kontrolle über sein Leben verloren und dann geht man eben in Jogginghosen auf die Straße.
Sorry Kalle, aber das ist Schwachsinn. Fashion Week Berlin 2016: Es ist schon lange Zeit, das Lagerfeldsche Sweatpants-Axiom mal gerade zu rücken – auch wenn die Realität den alten Mann eh schon lange eingeholt hat. Gewinner tragen Jogginghosen. Verlierer zwängen sich in Skinny-Fit-Anzughosen und erdrosseln sich mit Krawatten.
Warum bitte soll Komfort nicht erstrebenswert sein?
Klar, so’n Korsett sieht schon auch sexy aus, logo. Aber so richtig böse kann man den Leuten jetzt auch nicht wirklich sein, die für sich entschließen, ab und zu auch einfach mal kein Korsett anzuziehen. Denn Korsette sind einfach brutal ungemütlich. Und Komfort geht vor.
Komfort geht vor. Womit der Siegeszug der Leggings das letzte Jahrzehnt über erklärt wäre. Leggings sind einfach ’nen Hauch angenehmer zu tragen, als Jeans. So. Und da Leggings bei Herren zwar nicht grundsätzlich off-limits sind, wegen des unästhetischen Wulsts im Schrittbereich aber optisch einfach nur so semi-geil daherkommen, bleibt uns nur die Jogginghose.
Der Anzug ist die textile Verknechtung seines Trägers: Die Jogginghosen-Antithese

Ich habe über zwei Jahre lang in einem Bürogebäude gearbeitet, in dem Anzugpflicht herrschte. Und die Regeln waren äußerst streng. Erst, wenn man früh morgens einen Wetterbericht für den Tag ausfindig machen konnte, der eine zu erwartende Höchsttemperatur von mehr als 27°C angab, durfte man die Krawatte weglassen. DURFTE MAN DIE KRAWATTE WEGLASSEN! OH, WOW! DANKE! In der Zeit hatte nicht nicht wirklich das Gefühl, mein Leben unter Kontrolle zu haben – auch wenn ich nur ganz selten in Jogginghosen das Haus verließ.
Ich war also mehr als zwei Jahre lang gezwungen, komme was da wolle, mir morgens einen Anzug überzustreifen. Wie die anderen armen Würmer, die in der Butze ein- und ausgingen. Aber, wer mit Jogginghose auf die Straße geht, hat die Kontrolle über sein Leben verloren?
<3 Jogginghose
Nein, das Gegenteil ist der Fall. Wer sich fremdbestimmt in enge Nylon-Bügelfaltenhosen, überteuerte Markenhemden, unpraktische Sakkos und Krawatten-Schlingen hüllt, der fühlt sich weder frei, noch wie ein Gewinner dabei. In Jogginghosen dagegen fühlen sich ihre Träger so frei, wie sich Jogginghosen eben anfühlen. Je ausgebeulter, desto freier. Was ist das für 1 Schnitt, von dem ich mir vorschreiben lassen soll, wie weit ich meine Knie beugen darf? Je ausgebeulter, desto Braveheart.
Der Anzug ist textile Verknechtung, kleidunggewordene Resignation, die Auflösung der eigenen Identität im uniformen Wir. Die Jogginghose ist die textilgewordene Selbstbehauptung, die baumwollene Ich-Werdung.

yeah, seh ich genauso ! Du bringsts aufn Punkt 🙂
Schade, dass sich der Autor keinen Anzug in seiner Größe leisten kann. Und vielleicht noch ein zweites Modell für den Sommer. Auch den Halsumfang zu kennen, kann nicht schaden. Wenn er dann noch wissen würde, dass sowohl Lagerfeld als auch Ford immer oben breite Sakkos für Armfreiheit entwerfen … Ach, komm. Geschenkt.
Karl Lagerfeld hat in seiner aktuellen Kollektion Sweat Pants. Ein Zitat von ihm: „Es tut mir leid: Was ich sage, ist nur gültig, wenn ich es gerade sage.“
Das Problem sollte weniger sein, unbedingt in Anzügen auf die Straße zu gehen! Aber es sieht einfach ekelhaft unästhetisch, ungepflegt und asozial aus, mit den vollgekleckerten, stinkenden Jogginghosen zum Arzt, aufs Amt, in die Schule, auf Arbeit zu gehen! Oder selbst durch Straßen zu bummeln. Es wirkt (auf mich und viele andere) so, als würde der Träger der Jogginghosen in SOLCHEN Fällen eben nicht mehr wissen, wie man in der Öffentlichkeit in NEUTRALE (das sei für dien Autor oben verfassten Artikels betont!) Art und Weise gehen kann: ein einfaches Shirt, ein einfacher Pullover, eine lockere (!) Jeans- oder Stoffhose. Keine Krawatte oder zwanghaft einen Anzug. Warum dies der Autor so extrem sieht, lässt wohl nicht darauf schließen, dass er Lagerfelds Aussage richtig verstand.
Es fehlt meiner Meinung nach bei den Jogginghosen-Trägern das Gefühl der Ästhetik. Es mag eine wunderbar geeignete Hose für das Sofa, für den Garten, Balkon, zum Faulenzen oder eben Joggen sein – aber doch nicht, um sich stundenlang öffentlich aufzuhalten.
[…] Ein Glück, dass die Jogginghose mittlerweile salonfähig geworden ist. Auch wenn unser lieber Karl Lagerfeld etwas anderes […]
hahaha 😀 ich liebe Jogginghosen einfach, nichts wird eingequetscht
[…] Nr. 511 empfehlen. Perfekter Schnitt mit viel Luft oben :-). Mit Jogginghosen halte ich es wie Karl Lagerfeld – Ich habe mein Leben noch unter […]
Bei so Regeln wie „Anzugpflicht“ wäre es mir eine große Freude sämtliche Grauzonen ausfindig zu machen um eben nicht wie gewisse Konformisten im billigen unbequemen Anzug von der Stange daher zu kommen.
Ich habe auch als Dozent schon Jogginghose zum Hemd getragen und die Kravatte durch Halztuch ersetzt.
Alles eben nur eine Frage des richtigen Auftritts!
Denn nicht Kleider machen Leute, sondern die Ausstrahlung!
Trotzdem schöner Beitrag, gut emotional geschrieben. Dann die hitzigen Kommentare,. und ich dazwischen 😀 ein vernüntiger Anzug „vom guten Herrenausstatter“ ist ebenso bequem wie eine Jogginghose,, ein guter Herrenausstatter weiß eben, dass ein Anzug perfekt sitzen muss, und man sich dennoch gemühtlich drinne bewegen können muss, denn der Anzug muss perfekt für dein Körper sein, und nicht anders herrum. Andererseits kann auch eine Jogginghose ansehnlich daher kommen.
Aber ist es nicht geil auch mal nicht ansehnlich daher zu kommen? Nachdem die Joginghose nun aber salonfähig ist, einfach mal im Bademantel in die Innenstadt!
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