In meinem vorherigen Artikel Wer gönnt sich was? Turnup, Cloud Rap und Rap-Fantypen habe ich mich mit Ideologien in der Rapszene beschäftigt, die dazu führen, dass die einen das Turnup-Genre komplett ablehnen, andere es feiern wie Christiano Ronaldo den EM Titel. Natürlich habe ich auch bei den Turnup-Meistern der Saison nochmal nachgehört.
Bitte erzählt mal was zu Eurem Background: Wo seid ihr aufgewachsen, wie kamt ihr mit Rap in Kontakt und was macht ihr abseits der musikalischen Karriere?
Max: Ich bin in Kreuzberg aufgewachsen und wohne immer noch da. Rap habe ich schon seit ich denken kann gefeiert und als ich 15 war in einem Jugendzentrum in Kreuzberg Tracks aufgenommen mit Equipment aus dem ehemaligen Royal Bunker. Unter anderem waren da KIZ, B-Lash und Michael Mic (Jetzt bei “Die Säcke”) dabei, die uns Kleinen ein bisschen was gezeigt haben. Beats habe ich auch schon unter dem Namen Trapmax gemacht. Neben dem Rappen habe ich einen 9 to 5 Job.
Hugo: Ich bin in Hellersdorf aufgewachsen und rappe seitdem ich 11 bin. Damals habe ich tatsächlich Breakdance-Stunden genommen, aber es dann doch lieber sein gelassen. Trotzdem könnte ich immer noch einen passablen Six-Step hinlegen. Neben dem Rappen gehe ich noch zur Schule – ich bin ja gerade erst 18 geworden.
Von euch ist bekannt, dass Ihr Wu-Tang Anhänger wart oder auch noch seid. Eure Musik geht nun aber sowohl soundbezogen als auch inhaltlich in eine andere Richtung – wie kommt es dazu?
Hugo: Am Klangbild bin größtenteils ich „Schuld“ – ich suche fast täglich wie ein verrückter nach Beats und schicke sie Max. Wenn wir beide einen dope finden, dann hoppen wir drauf. Zurzeit produzieren nun mal alle diesen Sound, den wir auch extrem feiern. Das heißt nicht, dass wir nicht auch mal auf 90bpm rappen würden. Aber wir fühlen 808s einfach.
Max: Das ist dieses Schubladendenken, das wir in Deutschland haben. Darf man nicht verschiedene Dinge feiern? Ich kann doch Wu-Tang und Migos gleichermaßen dope finden. Andere Kreative können doch auch verschiedene Styles appreciaten und trotzdem etwas Eigenes machen. Sein Style, mit neueren Sounds. Steven Spielberg kann gleichermaßen Schindlers Liste als auch Krieg der Welten oder Catch me if you can umsetzen. Alles völlig verschiedene Welten, aber trotzdem nice. Ich sehe überhaupt keinen Widerspruch darin, das eine zu hören und das andere zu machen.
Ihr habt aktuell ja auch durch das „Gönnen“-Video einen Hype: Wie nehmt ihr die Reaktionen auf euch wahr? Sind sie allein positiv?
Max: Die Reaktionen fallen größtenteils positiv aus. Viele Leute sind überrascht, weil sie uns nicht zugetraut hätten, coole Tracks zu machen, die auch abseits des Twitter Kosmos funktionieren. Trotzdem hat die Hip-Hop Polizei bei uns natürlich auch schon Hausbesuche abgestattet.
Hugo: Die Hater finden uns halt wack, das ist auch ok. Das sind dann meistens Leute, denen es nicht um die Musik geht, sondern darum, dass wir keine Gs sind und positive Musik machen. Lustigerweise ist der Anteil an positiven Reaktionen auf „Pain wird betäubt“ wesentlich höher, als bei „WKMSNSHG“. Die meisten Zuhörer in Deutschland wollen halt, dass Rap traurig ist. Aber wir sind die Positivity Gang.
Wenn man euer „Gönnen“-Video gesehen hat und danach den „Handgelenk“-Track hört, könnte man annehmen, dass es sich bei eurem Ansatz um eine Mischung aus aktuellen Trap- und Turnup-Rap handelt? Wie würdet ihr das beschreiben?
Hugo: Trap und Turnup sind definitiv Dinge, die wir lieben. Das spiegelt sich schon in der Musik wieder.
Max: Aber nicht ausschließlich. Wir haben ja auch Tracks, die gar nicht diesen Turnup enthalten. Das Kategorisieren der Musik überlassen wir dann lieber Euch Musikjournalisten.
Momentan läuft ja (auch durch das Fler-Interview) diese Diskussion über Realness. Auf dem Track „Handgelenk zerbricht“ heißt es „24/7 am Kochen / in meiner da Hood wird geschossen“ , „Ich bin das Leben im Ghetto gewohnt“ und „Das ist Drive-By im Lexus und du denkst es wär nur Schreckschuss“. Haben diese Aussagen in irgendeiner Form etwas mit eurer persönlichen Biografie zu tun?
Max: Zuerst mal halte ich die Realness Debatte für Schwachsinn. In meinen Augen hat sich Rap vom einstigen Sprachrohr der sozial benachteiligten zu einer Kunstform entwickelt und Kunst ist in den seltensten Fällen real. Die Arbeiten eines Künstlers müssen nicht zwangsweise von seinen eigenen Erlebnissen berichten. Die Guernica von Picasso beschreibt die Zerstörung einer Stadt, Picasso war aber nicht während des Luftangriffs dabei. Tupac hat gleichzeitig Ballett getanzt und vom Ghetto erzählt. Bei mir ist es schon so, dass ich das Leben im Ghetto gewohnt bin, schließlich sind meine Eltern nicht wohlhabend und ich bin in der Zeit in Kreuzberg aufgewachsen, als es noch nicht hip war. Hier wurde auch mal geschossen und ich wurde halt nicht getroffen – trotzdem heißt das nicht, dass ich nur mit Gangbangern abhing. Ich musste zum Glück nie mit kriminellen Dingen meinen Lebensunterhalt bestreiten. Abschluss Statement zur Realness Debatte:
Rick Ross war Knastwärter und ist trotzdem einer der großartigsten Rapper unserer Zeit. Es kommt auf die Musik an.
Hugo: Rap scheint auch das einzige Genre ohne Interpretationsspielraum zu sein. Wenn Led Zeppelin vom Stairway to heaven singt, dann regt sich doch auch keiner auf, dass es gar keine Treppen zum Himmel gibt. Bei Hangelenk zerbricht steht das Crack-Kochen eher als Metapher für unseren Grind und Hustle, stetig Tracks zu machen und nicht aufzuhören. Die Drive-By-Line ist übrigens von Kulturerbe Achim, der tatsächlich Skreet ist. Aber das muss er schon selbst erzählen.
In einem Interview, das im Netz kursiert, kann der Eindruck entstehen, dass Lean/“Stimulanzen“ generell und auch der Straßenlifestyle nicht so viel mit euch zu tun haben. Trotzdem sprecht Ihr im neuen Video darüber den „Pain“ betäuben zu müssen? Was für ein „Pain“ ist das?
Hugo: Auch wenn wir positive Dudes sind, treiben sich in uns auch Sorgen und Kummer, die wohl jeder Mensch hat. Mein Pain ist zum Glück nicht existentiell, aber trotzdem mache ich mir Sorgen um die Zukunft. Ich bin nicht der beste Schüler und ich weiß nicht, was ich danach machen soll. Ob es mit Rap was wird, steht in den Sternen. Solange ich nicht hungern muss, geht es mir aber gut. Lean ist trotzdem nice, kann man sich mal gönnen!
Max: Ich hab mit Hugo im Studio (meine Wohnung) gechillt. Er hatte einen Beat auf Youtube gefunden und irgendwas vor sich hingesummt, da schoss mir die Phrase “Und der Pain wird betäubt” in meinen Kopf. Wenn ich einen Beat höre, dann erzähle ich nicht unbedingt, was ich erlebt habe. Ich beschreibe mehr einen Film, der in meinem Kopf abläuft. Der Song erzählt also nicht unbedingt von meinem Pain, der betäubt wird, sondern allgemein von Leuten, die ihren Pain betäuben müssen.
Viele so genannte „Realkeeper“ vertreten ja bei Straßenrap oder Sachen, die in diese Richtung gehen, die These, dass man das verkörpern sollte in der Musik was man auch biografisch durchlebt hat. Mindestens soll man aus einer glaubwürdigen Augenzeugenperspektive berichten können. Wie ist da euer Ansatz auch in Bezug auf eure eigene Musik?
Hugo: Wie Max schon gesagt hat, halte auch ich das für Schwachsinn. Was soll ich mit authentischem Rap, wenn er scheiße klingt? Ich finde Musik kann sehr persönlich sein, auch wenn der textliche Inhalt gar nichts mit der Person zu tun hat. Was sich ein Künstler in seiner Musik vorstellt, ohne es zu sein, verrät mir trotzdem viel über ihn. Ich könnte einen Track über einen Stripclubbesuch in Atlanta machen, ohne je dagewesen zu sein und es trotzdem fühlen. Viele Künstler sind sogar durch ihre nicht realen Lyrics zu dem geworden, was sie sich vorstellten. Wir haben die ultimative Turnup-Hymne mit WKMSNSHG gedroppt und haben nun tatsächlich jedes Wochenende Auftritte in Clubs wo wir upturnen, also in der Hinsicht sind wir eigentlich sogar real. Im Endeffekt ist es eigentlich auch egal aber “Fake it til u make it” ist eine Formel die schon oft funktioniert hat, schaut euch einfach nur YSL Know Plug oder Kollegah an und ihr wisst was ich meine.
Max: Scheiß auf Realness. Es geht darum gute Musik zu machen. Ich könnte auch erzählen, dass ich Ghetto bin, weil ich in Kreuzberg aufgewachsen bin und einiges erlebt hab, aber darauf hab ich keinen Bock und die Leute würden es mir auch nicht abkaufen.
Viele vergleichen euch mit Life From Earth oder auch dem Money Boy Camp – seht ihr da auch Gemeinsamkeiten oder wie wollt ihr wahrgenommen werden?
Max: Wir wollen als etwas Neues wahrgenommen werden. Viele Leute waren überrascht von unserer Musik, weil sie es nicht einordnen konnten. Wir wollen aber auch nicht irgendwo eingeordnet werden. Wir sind cool mit der GUDG und Live from Earth, aber wir machen unser eigenes Ding und möchten niemand kopieren, oder so sein wie jemand anders. Wir haben unser eigenes Label mit Hugo, Kulturerbe Achim und Marcy von Rap Ist gegründet: BASED.
Hugo: Wir schließen damit aber keine Kollaborationen aus. Max hat mit Beezy ja auch schon den ein oder anderen Track gemacht und damals als Trapmax den Beat von „Ehrenmann“ beigesteuert. Aber in erster Linie wollen wir Musik machen, die uns gefällt. Wenn es da Überschneidungen zwischen Fanbases gibt, dann freut uns das aber mit Undergroundkünstler wie zum Beispiel Planemo etwas zu starten gibt mir viel mehr als Kollaborationen mit etablierten Künstlern.
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