Zugegeben, dass Thema Netzneutralität ist nicht wirklich sexy. Ein trockenes Thema, mit dem viele nur wenig anfangen können und über das meist nur diese „Internet-Nerds“ quatschen. Es wird uns aber spätestens dann interessieren, wenn es uns weh tut. Und das könnte schneller kommen, als wir es uns das gerade vorstellen können.

Kürzlich sagte mein Sohn, als im TV eine StreamOn-Musik Werbung lief, dass er das cool findet. Spotify im Bus hören ohne die Songs runter laden zu müssen und ohne, dass das Streamen von seinem Datenvolumen abgezogen wird.
Da fiel es mir ehrlich gesagt kurzzeitig schwer zu erklären, warum das Angebot vielleicht doch nicht so gut ist und die bessere Lösung größere und bezahlbare Datenvolumen wären.
In den letzten Tagen habe ich mich aufgrund der Lage in den Staaten intensiver damit befasst und das Thema in diesem Artikel (inkl. Aufmerksamkeit erregender Headline) mit Beispielen zusammengefasst.

Was ist da los in den USA?

In Amerika kocht das Thema zur Zeit hoch. Wer in den letzten Tagen mal auf der reddit-Startseite war, dem werden die vielen roten Bilder mit weißer Schrift aufgefallen sein:

Die US-Regulierungsbehörde FCC will die Regelungen zur Netzneutralität in den Staaten annähernd komplett abschaffen. Das heißt, „Überholspuren im Netz und Blockieren von Inhalten sind erlaubt, solange Nutzer darüber informiert werden“.

Ganz konkret heißt das, dass Provider in den Staaten, sofern sie das kommunizieren, Internet-Pakte anbieten können, in denen sie nur den Zugang zu bestimmten Internet-Angeboten gewähren und alle anderen Dienste und Webseiten sperren oder so hart drosseln, dass es kaum möglich ist, diese zu nutzen.

Protest at the White House for Net Neutrality
Foto: „Protest at the White House for Net Neutrality“ von Joseph Gruber (CC BY-NC-ND 2.0)

Schlechtes Vorbild: Neuseeland

Noch konkreter wird das an folgendem Beispiel aus Neuseeland, denn dort gibt es kein Gesetz, das eine Netzneutralität regelt. Twitter User @Kitsunelaine zeigte das Mobil-Angebot eines örtlichen Providers. Dort kann man folgende Pakete buchen:

Seiner Meinung nach ist es genau das, was nun auch die amerikanischen Provider vorhaben und die US-Regierung dazu drängen, die Netzneutralität aufzubrechen. Denn dann können sie das Internet in kleine und für den User kostspielige Pakete zerstückeln.

Yes, this is a mobile plan. That’s obvious. New Zealand has a competitive market that means if an ISP pulls this shit a new one will take them down. But the *US doesn’t*. This is what they want to pull big-scale. Don’t let them.

We do not have Net Neutrality laws to prevent ISP’s from doing this– That’s why the Vodafone Pass is legal. The fact that we are a small country and the situation is easy for small-town ISP’s to compete with big wigs are the only things protecting us. You don’t have that.

Your ISP’s do not compete. It would be easy for them to translate this plan to a full fledged connection. That’s why they want to get rid of Net Neutrality. For *this*.

(And I’m expanding this via thread because despite the fact that it was obviously a mobile data plan, people kept missing the actual point. Your ISP’s want to translate this small scale thing to big scale– and they /can/ if Net Neutrality is voided.)

I apologize if anyone felt mislead, but I never tried to hide the fact that it was a mobile data plan– and the fact that it is, is ultimately irrelevant to the point.

Quelle: @Kitsunelaine

Bevorzugung gibt es jetzt auch in Deutschland

In Deutschland gibt es ähnliche Angebote mittlerweile auch, allerdings werden hier die Dienste und Webseiten anderer nicht geblockt. Trotzdem merken wir, wenn wir solche Flatrate-Angebote dazu buchen schnell, dass alles Weitere von unserem Datenvolumen abgebucht wird. Sprich; es findet eine Bevorzugung von Angeboten und Diensten statt, die sich zuvor mit dem Provider verständigt haben.

Angenommen es gäbe eine echten Spotify-Konkurrenten, dessen Angebot noch besser ist und den du abonniert hast. Leider hat sich dieser Dienst aber nicht mit dem Provider verständigen können und wurde nicht in ein Flat-Streaming-Paket mit aufgenommen. Dann geht die Nutzung des Dienstes auf dein Datenvolumen.
Auch der Dienst hat das Nachsehen, da er vielleicht einfach noch zu klein ist und ohne den Deal mit den Providern, den er sich nicht leisten kann, keinerlei Chance hat mit dem Platzhirschen Spotify zu konkurrieren und zu wachsen.

Und was hat das nun alles mit Pornos zu tun?

Um auf meine Headline zurück zu kommen: die Antwort auf die Frage, was das nun alles mit Schmuddelvideos zu tun hat lieferten diese leicht nicht bekleideten Damen bereits vor drei Jahren:

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In der Vergangenheit viel es mir oftmals nicht leicht, in Diskussionen zu diesem Thema gute Argumente dafür zu finden, warum solche Angebote langfristig schlecht für uns sind. Schließlich kann man bei uns in Deutschland mittlerweile eben Pakete buchen, wie oben beschrieben, über die man so viel Spotify streamen kann, wie man möchte. Klingt auch erstmal super. Und wer unterwegs gerne Netflix schaut, bucht sich halt das Video-Paket.

So könnte unser Internet bald aussehen, wenn man das falsche Paket gebucht hat oder es sich einfach nicht leisten kann.

Also, was ist denn nun genau das Problem?

Um die Problematik hinter der Aufweichung der Netzneutralität noch genauer zu beschrieben, zitiere ich die geschätzten Kollegen von Netzpolitik:

Unter Netzneutralität versteht man die gleichberechtigte Behandlung aller Datenpakete im Internet. Tarife der Telekom und von Vodafone verletzen diese Gleichbehandlung und nehmen den Zugriff auf bestimmte Dienste vom Datenverbrauch aus. Das nennt sich Zero Rating. Sollte Zero Rating zur neuen Normalität werden, dann müssen sich Diensteanbieter daran gewöhnen, ihre Angebote an Vorgaben von Dutzenden, wenn nicht Hunderten Netzbetreibern anzupassen. Können oder wollen sie sich das nicht leisten, dann landen sie benachteiligt auf dem Abstellgleis. Im Sinne der Verbraucher wäre eigentlich eine echte Flatrate mit großen Datenvolumen oder bestenfalls gar keinen Begrenzungen.

Quelle: Netzpolitik

Sehr unterhaltsam präsentiert auch Late Night Talker John Oliver regelmäßig das Thema Netzneutralität und findet dabei tolle Beispiele und (wie immer) die richten Worte:

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Wird das freie Internet in finanziell lukrative Pakete zerstückelt und alles andere blockiert, oder auf 1995er-Moden-Niveau gedrosselt, haben wir unsere Chance Einspruch zu erheben verpasst.

If you’re not freaking out about Net Neutrality right now, you’re not paying attention.

Artikelbild: „White House Vigil To Save Net Neutrality 1“ von Stephen Melkisethian (CC BY-NC-ND 2.0)

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