Genre: Chamber Pop, Singer/Songwriting; auch: Folk-Rock, Art Pop
Label: Everyone Sang/Thirty Tigers/Membran
Emily Barker ist der klassische Geheimtipp, für den die Algorithmen der Streaming-Dienste zu ‚blind‘ und ‚taub‘ sind und die ‚Lead‘-Medien oft zu Promoter-orientiert. Zugegeben, diese Platte jetzt wird zwar endlich in Deutschland promotet. Aber hungrig nach neuem Emily Barker-Futter bin ich schon immer, seit eine WG-Mitbewohnerin mir Anfang 2013 mal den Tipp gab.
Besonders seit 2015 ist die australische Singer/Songwriterin auf ihrem eigenen Label sehr umtriebig. Dennoch schlugen mir weder die einschlägigen Streaming-Plattformen noch dieser große, Steuern vermeidende Versandhändler, jemals Produkte von Emily vor. Auch wenn ich sie immer wieder eingegeben habe. Das „düstere Gemurmel von Wörtern“, wie sie ihr neues Album betitelt, punktet eher durch erfrischende, elfenhafte und sphärische Klänge.
Emily Barker intoniert perfekt und absolut stimmsicher
Düsternis lässt sich dort kaum feststellen, auch murmelt Emily Barker nicht, sondern artikuliert äußerst klar und führt mit fokussiertem Storytelling durch ihre zart instrumentierte Platte. Banjo und Bass umstreichen ihre freundliche Stimme. Eine Viola und eine fette Kickdrum prägen dem Album zwar mit dunklen Klangakzenten ihren Stempel ein, trotzdem lenkt nichts von der hellen und perfekt intonierenden Sängerin ab, die selbst Akustikgitarre, Klavier und Percussion spielt.
Emily kann herausragend singen: Weich und crémig wie in „Geography“. Fragil, jedoch absolut stimmsicher, z.B. in „Return Me“. Erhaben und schwungvoll, sehr direkt im Ohr, wie in „The Woman Who Planted Trees“. Aimee Mann-Fans gehört Emily Barker schon mal dringend empfohlen. Wer Joni Mitchell, Tracy Chapman und Edie Brickell mag, sollte auf jeden Fall auch reinhören.
Manchen Song gönnt die Dame von Down Under überraschender Weise Pluckern aus dem Synthesizer, so in „Where Have The Sparrows Gone?“ Trotzdem ist sie eindeutig eine Vertreterin des maximal organischen Sounds. Alle Instrumentalist*innen tragen virtuoses Spiel ein, die Klangqualität ist – selbst im MP3 – noch so stark, als stünde man mitten vor der Bühne bei einem Konzert.
Klingt skandinavisch, kommt aus Australien
Raumfülle matcht Ideenvielfalt und erhebt dieses Album zu einem der besten Singer/Songwriter-Alben 2020. Auch wenn man stellenweise denkt, einen Ausflug in den skandinavischen Pop zu machen, belehrt einen „Machine“ eines Besseren. Diese perkussiven Sounds hat man irgendwie doch schon mal bei Midnight Oil & Co. vernommen und trademarken die Platte als made in Australia.
Anspieltipps: „When Stars Cannot Be Found” (schönes Lied zum Aufstehen oder Schlafengehen), „Ordinary“ (passioniert gespielter Kammer-Pop), „Any More Goodbyes“ (edler Country-Folkrock ohne Klischees), „Geography“ (Ohrwurm, schwierig sich nicht in die Stimme zu verlieben).
ART POP & Indie – Die Serie
Warum eine Serie? Nun, die meisten Namen in dieser Serie ziehen im deutschsprachigen Raum nicht allzu viel Aufmerksamkeit an. Sollen die Artists also einander gegenseitig pushen, indem wir sie miteinander verbinden. Hier findet ihr Releases aus dem Zeitraum August 2020 bis Januar 2021, die im weitesten Sinne mit Art Pop und meist auch mit Indie-Labels zu tun haben.
Auswahlkriterium: Nicht klassifizierbar. Innerhalb des Indie-Rocks keiner größeren Strömung (also keinem New Wave, Synthie, Folk, Psychedelic, Kraut, Indie-Soul usw.) zuzuordnen. Nischenmusik zwischen allen Stühlen. Mit Instrumenten, Vision und Wagemut.
Hier findet ihr alle Artikel der Serie!
[…] zwei Akustik-Sessions und ein Live-Album hat diese Schweizer Band schon veröffentlicht. Wie auch Emily Barker und die Doves, haben Michael Sele und seine Bandkollegen hier alles selbst in der Hand. Der neue […]
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