Eine neue Rezeptur aus TripHop-Vibes und Synthie-Soul.
Ron Gallo ist ein alternativer Garage-Rocker mit Starkstrom, poppigen Melodien und einem Gesangsstil im Britpop-Stile eines Damon Albarn, und das bei einer Plattenfirma mit Country-Schwerpunkt. Das verzerrt-verwaschene „Can We Still Be Friends?“ kombiniert seine eigenwillige Stilistik mit TripHop-Vibes und Vintage-Soul. Die psychedelische Harmonie sorgt dafür, dass der Track sich auch nach 20 Mal Hören nicht abnutzt. Biographisch ließ sich nicht erwarten, dass der Songwriter aus dem Raum Philadelphia sich im Electronics-Milieu wiederfindet.
Gegen den Strich bürsten und doch smooth/eingängig komponieren – diese Rezeptur gelingt Ron Gallo auch auf seinem Album „Peace Meal“ super. Dieser vierte Longplayer des 28-Jährigen erschien am 5. März.
Der Song „You Are Enough“ darauf zeigt, was Gallo auf einer eigenen Spotify-Playlist auch zeigt: Er hört jungen HipHop-Ladies wie noname aufmerksam zu und gewinnt dadurch Ideen für neue Stilfusionen.
Der hypnotisch wiehernde Remix von „You Are Enough“ enthält nur eine Songzeile. Überdies hinaus zeigt er, dass ein Remix gegenüber einem Original maximale Distanz einnehmen und den Song bei Null neu aufbauen kann. Die elektronifizierte Version stammt von Caroline Rose, die sonst gerne den Synthesizer auch im Country prominent platziert.
Weiterer Anspieltipp auf der frisch-fröhlichen neuen Platte ist „Wun Day (Crazy After Dark)“, hier nun richtig dicht an den Britpop Badly Drawn Boys heranrückend. Wie in „You Are Enough“, überlässt Ron einer noch unbekannten Stimme großenteils das Mikrofon, seiner Synthie-Expertin, Bassistin und Ehefrau Chiara D‘Anzieri. Deren YouTube-Channel hat bis dato 3 Abonnenten, obwohl am Video und Song-Release mindestens fünf Personen beteiligt waren. Wenn schon die Protagonisten selbst nicht an sie glauben, tue ich das hier. Chiara D‘Anzieris erster Song „Two Trees“. Ihre Band chickpee ist ein Wortspiel aus Kichererbse und Pinkeln.
Auch angenehm schwungvoll auf Ron Gallos Album klingt „Hide (Myself Behind You)“. Gepostet unten im Direktvergleich: in einer 3-Minuten-Fassung als electro-souliger Power-Pop auf der Platte (Spotify) – und in einer 6-Minuten-Live-Fassung als verschrobener Americana (YouTube). Das Skit „Saturday Pt. 2“ schleicht sich in Downbeat-R’n’B/HipHop-Gefilde. Gallo liefert überzeugend eine neue Rezeptur für den Popmarkt. Der lange Schluss-Tune bietet ebenfalls ein Highlight. Reinhören lohnt sich.
Ron Gallos Album „Peace Meal“ erschien bei New West im Vertrieb von PIAS/Rough Trade. Es enthält drei Interludes/Intro, einen langen Song und acht kurze Stücke und ist 29 Minuten 58 schlank.